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► Inhaltsverzeichnis Kapitel (ausklappbar)
  1. Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung
  2. Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung
  3. Erst(haus)besuche/Willkommensprogramme 
  4. Frühe Hilfen / Familienhebammen 
  5. KiTa-Reihenuntersuchungen
  6. Schuleingangsuntersuchung, die ärztliche Untersuchung zur Einschulung 
    1. Untersuchungsbestandteile
      1. Ausgewählte schulrelevante Bereiche
        1. Seh- und Hörvermögen
        2. Auditive und visuelle Wahrnehmung und Verarbeitung
        3. Sprachkompetenz
        4. Weitere Bereiche
    2. Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen und Konsequenzen
    3. Vorzeitige Einschulung
    4. Rückstellung vom Schulbesuch
    5. Schulreife, Schulfähigkeit, Schulbereitschaft
      1. Gesundheitsberichterstattung 
    6. Weitere schulärztliche Untersuchungen 
    7. Schulärztliche Reihenuntersuchungen in anderen Jahrgängen
    8. Schulärztliche Untersuchung von Seiteneinsteigenden
    9. Schulabsentismus
    10. Schulabgangsuntersuchung
  7. Jugendarbeitsschutzgesetz
  8. Asylbewerberleistungsgesetz
  9. Zugewanderte Familien (ohne Krankenversicherung)
  10. Schengenabkommen
  11. Kinderschutz/Kindeswohlgefährdung 
  12. Stellungnahmen und Gutachten 
    1. Eingliederungshilfe
    2. Bundesteilhabegesetz
    3. Frühförderung
  13. Infektionsschutz und Impfprävention
    1. Kontrolle des Impfstatus
    2. Durchführung von Impfungen
    3. Mitwirkung bei Ausbrüchen von Infektionskrankheiten in Gemeinschaftseinrichtungen 
    4. Belehrungen und Beratungen von Jugendlichen, gemäß der Arbeitsmedizinischen Vorsorge Verordnung

Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung

In den verschiedenen Lebens- und Entwicklungsphasen eines Kindes können durch den KJGD in unterschiedlicher Weise Hilfen, Unterstützung und Begleitung für Kinder und ihre Familien geleistet werden.

Je nach Alters- und Lebensphase sind unterschiedliche Ansätze, Maßnahmen und Projekte erforderlich.

In den ersten Lebensjahren gibt es zur Förderung und Unterstützung von Kindern und Familien mit Beteiligung der KJGDs eine Vielzahl von Unterstüt

Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung

In den verschiedenen Lebens- und Entwicklungsphasen eines Kindes können durch den KJGD in unterschiedlicher Weise Hilfen, Unterstützung und Begleitung für Kinder und ihre Familien geleistet werden.

Je nach Alters- und Lebensphase sind unterschiedliche Ansätze, Maßnahmen und Projekte erforderlich.

In den ersten Lebensjahren gibt es zur Förderung und Unterstützung von Kindern und Familien mit Beteiligung der KJGDs eine Vielzahl von Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten, die regional und landesspezifisch sehr unterschiedlich sein können. Es gibt z.B.

  • Ersthausbesuche

  • Willkommensprogramme

  • Frühe Hilfen

  • Familienhebammen

  • Netzwerke wie “Gesund aufwachsen”, “Kinderschutz”,  “Gesunde Kinder”, 

  • in Kinderschutzgesetzen der Länder verankerte Aufgaben und Maßnahmen zur Erhöhung der Teilnahmeraten der Kinderfrüherkennungsuntersuchungen

  • Eingliederungs- und Familienhilfe 

  • Frühförderung

  • Familien- und Erziehungsberatung

  • Zahnärztliche Reihenuntersuchung und Gruppenprophylaxe des Zahnärztlichen Dienstes

  • Kinderärztliche Reihenuntersuchungen

  • regionale Präventionsprogramme und Bedarfsuntersuchungen im Kindergarten

  • Kooperation zur Prävention wie Ernährungsberatungsprogramme,

    zum Thema Mediennutzung oder zur Bewegungsförderung

  • Impfberatungen 

  • Begleitung von Familien und Kindern mit besonderen Bedürfnissen wie z.B. chronischen Erkrankungen, manifesten oder drohenden Behinderungen

Im Vorschul- und Schulalter kann der KJGD unterstützend für Kinder, Familien und pädagogische Einrichtungen wirken. Durch folgende Möglichkeiten:

  • Schuleingangsuntersuchung

  • Stellungnahmen im Zusammenhang mit Schulassistenzen/Schulbegleitung

  • Untersuchungen von Seiteneinsteigenden

  • Schulärztliche Untersuchungen und Beratungen aus Anlass von  Schülerbeförderung, Schulabsentismus, Sportbefreiung

  • sonderpädagogische Fördergutachten 

  • betriebsmedizinische Beratung von Lerneinrichtungen, u.a. im Rahmen der Inklusion

  • Zusammenarbeit mit Schulgesundheitsfachkräften 

  • Beratung / Präventionsprogramme zum Beispiel zum Thema Medienkonsum

Auch die Mitwirkung bei der fachlichen Unterstützung der Kindergemeinschaftseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Infektionsschutz ist hier zu erwähnen.

Viele dieser Angebote betreffen auch Jugendliche und junge Erwachsene. Darüber hinaus kann der KJGD anbieten:

  • Schulabgänger-Untersuchungen

  • 8. bis 9.-Klasse-Untersuchungen

  • Untersuchungen im Rahmen des Jugendarbeitsschutzes

  • Prüfungszeitverlängerungen bei Schulprüfungen (Nachteilausgleiche)

  • Belehrung nach §§ 42, 43 IfsG anbieten. 

Durch einige KJGDs werden Krisenintervention und gegebenenfalls Gutachten zur Unterbringung in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Fachabteilung nach § 1631b BGB geleistet.

Erst(haus)besuche/Willkommensprogramme 

Vielfach haben Kommunen bzw. Bundesländer Besuchsprogramme für Eltern von Neugeborenen bzw. jungen Säuglingen etabliert. Diese Besuche sind ein freiwilliges Angebot mit dem Ziel, die Familie zu passenden Angeboten zu informieren, Fragen zu beantworten und bei auftretenden Problemen zu unterstützen. 

In den Kommunen sind diese Besuche unterschiedlich organisiert. Die Besuchenden kommen in Frage:

  • Ehrenamtliche freier Träger

  • Mitarbeiter/innen des Jugendamtes im Rahmen des Präventionsauftrags

  • Sozialarbeiter/innen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes

  • Gesundheitsfachkräfte wie Familienhebammen, Kinderkrankenschwestern u.a. 

Anliegen dieser Besuche sind, die Eltern über verfügbare Angebote zu informieren, beim Umgang mit Behörden, Krankenkassen u.a. zu unterstützen  und bei Sorgen bezüglich Entwicklung und Gesundheit des Kindes den Kontakt zu passenden Hilfs- und Unterstützungssystemen herzustellen. 

Frühe Hilfen / Familienhebammen 

Frühe Hilfen sind psychosoziale Unterstützungssysteme für Eltern und Kinder ab Beginn der Schwangerschaft bzw. in den ersten Lebensjahren (0- bis 3-Jährige) mit koordinierten Angeboten. Die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Eltern in Familie und Gesellschaft sollen frühzeitig und nachhaltig durch Förderung der Beziehungs- und Erziehungskompetenz von (werdenden) Müttern und Vätern (siehe dazu auch die Publikation Nationales Zentrum Frühe Hilfen) verbessert werden (Nationales Zentrum Frühe Hilfen 2020). In einigen Kommunen werden die Frühen Hilfen auch als Unterstützungssysteme in den ersten sechs Lebensjahren definiert.

Frühe Hilfen richten sich an alle Eltern, sie wenden sich aber besonders an Familien in Problemlagen, ggf. mit der Möglichkeit, dass weitere Maßnahmen zum Schutz des Kindes ergriffen werden. Es handelt sich hier um ein für die Familien freiwilliges, niederschwelliges und kostenloses Angebot. Die Maßnahmen der Frühen Hilfen sollen zum gesunden Aufwachsen von Kindern beitragen und deren Rechte auf Schutz, Förderung und Teilhabe sichern.

Frühe Hilfen erfordern multiprofessionelle Teams, die im weiteren System gut vernetzt sind. Der Einsatz von Gesundheitsfachkräften in den Frühen Hilfen ist vor allem in der längerfristigen aufsuchenden Betreuung und Begleitung notwendig. Familienhebammen, Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger (FGKiKP) sowie vergleichbare Berufsgruppen unterstützen Eltern in ihren jeweiligen Lebenssituationen.

Zusätzlich zu den ggf. individuellen Maßnahmen ist ein wichtiger Bestandteil der Frühen Hilfen der Ausbau und die Sicherstellung von Netzwerkstrukturen.

Die rechtliche Grundlage für die Einrichtung der Frühen Hilfen ist das Bundeskinderschutzgesetz (s.dort). Seit dem 1.1.2018 stellt die Bundesstiftung Frühe Hilfen sicher, dass die schon seit 2009 aufgebauten Strukturen und Angebote weiter bestehen bleiben können. Finanzielle Mittel werden wegen der rechtlich zugeordneten Zuständigkeit des Kinderschutzes zum Jugendamt entsprechend dorthin überwiesen. Die Aufteilung der finanziellen Mittel und damit der Zuständigkeiten zwischen Jugend- und Gesundheitsamt (KJGD) variieren. 

KiTa-Reihenuntersuchungen

Sozialpädiatrische Reihenuntersuchungen der Kinder in der Kindertagesstätte sind nur in einigen GDG bzw. KiTa-Gesetzen verankert und finden daher nicht in allen Bundesländern / Kommunen statt. Aufgrund der großen Bedeutung im Sinne der frühzeitigen Erkennung und ggf. Intervention bei Entwicklungsrisiken der Kinder sind entsprechende Untersuchungsangebote, aber in den letzten Jahren auch durchaus als freiwillige Aufgaben von vielen Kommunen eingerichtet worden. Das betrifft sowohl die Untersuchung einer ausgewählten Gruppe von Kindern im Sinne der Bedarfsuntersuchung, als auch die Untersuchung und Beratung aller Kinder eines Jahrgangs im Sinne der Reihenuntersuchung.

Die Untersuchungen erfolgen i.d.R. nach standardisierten Verfahren. Anzustreben sind eine entsprechend standardisierte und zumindest regional gemeinsame Dokumentation und Datenerfassung als Basis für die Berichterstattung. Je nach Zielsetzung dieser Reihenuntersuchungen und Beratungen ist die personelle Ausstattung der KiTa-Programme unterschiedlich. Die Einschätzung der kindlichen Entwicklung und der Kontextfaktoren erfolgt z.B. mit Kinderärztin oder -arzt, Sozialpädagogin oder -pädagoge und Erzieherin oder Erzieher gemeinsam und im Gespräch mit den Eltern.

Die Untersuchungsinhalte sind 

  • die Feststellung des gesundheitlichen Versorgungsstandes (Krankheitsfrüherkennungsuntersuchungen, Impfstatus) 

  • die Erfassung der Körpermaße und relevanter medizinischer Aspekte 

  • eine altersangepasste Überprüfung der zentralen Entwicklungsbereiche (z.B. Sinnesfunktionen, Sprachentwicklung, motorische Kompetenz u.a.)

Je nach Untersuchungsbefund und Bericht aus dem Kindergartenalltag erfolgt die Beratung der Eltern zur sinnvollen Förderung des Kindes, zu eventuell notwendigen weiteren (kinder-)ärztlichen Kontrolluntersuchungen oder zur Beantragung spezifischer Hilfen aus dem Bereich der Eingliederungshilfe, z.B. Frühförderung, Vorstellung Sprachheilberatung oder ähnlichem. Auch eine gezielte Verlaufskontrolle und/oder eine weitere Begleitung der Familie durch die sozialpädagogischen Fachkräfte kann eine sinnvolle Konsequenz sein.

Im Sinne der kommunalen Berichterstattung empfiehlt es sich, über einen längeren Zeitraum das Outcome der so “versorgten” Kinder mit dem der Kinder ohne KiTa-Untersuchung beim Schulbeginn, bzw. der Schuleingangsuntersuchung zu vergleichen. 

Schuleingangsuntersuchung, die ärztliche Untersuchung zur Einschulung 

In fast allen Bundesländern ist vor der Einschulung eine schulärztliche Untersuchung aller Kinder des Einschulungsjahrgangs durch Ärztinnen und Ärzte der unteren Gesundheitsbehörde gesetzlich vorgeschrieben. Verankert ist dies i.d.R. in den Schulgesetzen der Länder und den Gesundheitsdienst Gesetzen über den ÖGD. Somit ist die Sicherstellung dieser ärztlichen Untersuchung eine kommunale Pflichtaufgabe. Die Teilnahme an dieser Untersuchung in den Gesundheitsämtern bzw. kommunalen Gesundheitsabteilungen, ist für Kinder verpflichtend. 

Wesentliche Kerngedanken der Schuleingangsuntersuchung sind für jedes Kind die individuelle und ggf. sozialkompensatorische Einschätzung der Gesundheit und Entwicklung, Vermittlerfunktion der Schulärztin / des Schularztes bei bekannten oder entdeckten Gesundheits- oder Entwicklungsproblemen, Erkennung, Benennung und Beratung bezüglich der Risikofaktoren für das Lernen sowie die Beobachtung und Beschreibung all dieser Faktoren unter epidemiologischen Aspekten (Landes- bzw. kommunale Ebene). Die Schuleingangsuntersuchung ist derzeit in Deutschland die einzige vollständige Reihenuntersuchung. Die hier erhobenen Daten stellen eine wissenschaftliche Grundlage für bevölkerungspolitische Maßnahmen und Entscheidungen dar. 

Unter dem individualmedizinischen Aspekt werden das Entwicklungsprofil und ggf. gesundheitliche Einschränkungen des Kindes für die aufnehmende Schule beschrieben und ggf. Hinweise auf spezifische Bedürfnisse gegeben. Daneben bietet sich in diesem Zusammenhang die Gelegenheit, Eltern über eine angemessene, altersentsprechende Förderung ihres Kindes und über Grundsatzthemen wie z.B. Medienkonsum, Ernährung und Impfungen zu beraten.

Die Schulärztinnen und -ärzte agieren dabei im Dreieck zwischen individual-medizinischer, sozial-kompensatorischer und arbeits-/ betriebsmedizinischer Beratung. Das setzt eine fundierte Kenntnis der schulischen Gegebenheiten vor Ort und eine gute Vernetzung mit dem örtlichen Unterstützungssystem voraus. 

Die Schuleingangsuntersuchung und die Krankheitsfrüherkennungsuntersuchungen (SGB V, U1 bis U9) verfolgen unterschiedliche Ziele, können sich gegenseitig ergänzen, jedoch nicht ersetzen.  

Alle Kinder, die bis zu einem bestimmten Stichtag das sechste Lebensjahr vollenden, sind schulpflichtig. Die Stichtage variieren in den Bundesländern erheblich. Teilweise gibt es auch “flexible Regelungen” wie aktuell in Niedersachsen, die erhebliche Auswirkungen auf die Untersuchungskohorte haben. 

Die Durchführung der Schuleingangsuntersuchung findet regional unterschiedlich im Kindergarten, in der Schule oder im Gesundheitsamt statt. 

Mit der Terminvereinbarung erhalten die Eltern einen Anamnesebogen. Dieser Fragebogen, der Impfpass,  das  Vorsorge-Untersuchungsheft, evtl. vorhandene Hilfsmittel und ggf. weitere relevante Befundberichte sollen zum Termin mitgebracht werden.

Untersuchungsbestandteile

Die Schuleingangsuntersuchung ist eine standardisierte Untersuchung, die unter anderem umfasst: 

  • Ermittlung von Größe und Gewicht

  • Durchführung von Seh- und Hörtest

  • orientierende körperliche Untersuchung

  • Verhaltensbeobachtung

  • Entwicklungsscreenings, z.B. das Sozial-Pädiatrische-Entwicklungs-Screening (SOPESS).

Darüber hinaus werden der Impfstatus, die Wahrnehmung der Krankheitsfrüherkennungs-Untersuchungen, die Krankheitsgeschichte und ggf. weitere soziodemographische Daten erfasst.

Ausgewählte schulrelevante Bereiche

Seh- und Hörvermögen

Altersgerechtes Seh- und Hörvermögen sind für die gesamte kindliche Entwicklung, insbesondere aber in Hinsicht auf die schulischen Anforderungen essentiell. Nicht berücksichtigte Hör- oder Sehstörungen können zu erheblichen sekundären psychosozialen Problemen führen und stellen ein Risiko für die gesamte Lernausgangslage dar.

Ein zuverlässiges Screening und eine bedarfsgerechte Nachsorge zählen zu den wichtigsten und effektivsten Aufgaben des KJGD. Die Ärztinnen und Ärzte im KJGD vermitteln zur Behandlung und ggf. zur Versorgung mit Hilfsmitteln. Sie unterstützen bei der Berücksichtigung der Leistungseinschränkung bei Schulkindern durch die Schule. 

Für eine Qualitätssicherung beim Screening auf Hör- oder Sehstörungen sind regelmäßige Fortbildungen der Fachkräfte erforderlich, wie z.B. von der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen angeboten. 

Auditive und visuelle Wahrnehmung und Verarbeitung

Eine wesentliche Voraussetzung für das Lernen in der Schule ist neben den oben beschriebenen Sinnesfunktionen auch die zentrale Verarbeitung der visuellen und auditiven Reize. Diese kindlichen anspruchsvollen Leistungen werden oft erstmals bei der Schuleingangsuntersuchung standardisiert überprüft. Je nach Befund und Befundkombination (ggf. mit Hals-Nasen-Ohren (HNO)-Befunden oder Sehschwächen) erfolgt die Beratung der Eltern zu medizinischen Konsequenzen, häufiger zu alltagsintegrierter, individueller und altersgemäß angemessener Förderung der Kinder.

Bei gravierenden Einschränkungen wird vor Schulbeginn eine fachärztliche und / oder fachpädagogische Überprüfung empfohlen. In jedem Fall wird die aufnehmende Schule über das mögliche Lernrisiko des Kindes informiert, damit dies entsprechend pädagogisch berücksichtigt werden kann. Für die Verlaufsbeobachtung im Zusammenhang mit einer auditiven Wahrnehmungsproblematik eignen sich z.B. Beobachtungsbögen aus der Pädaudiologie; die Schulärztinnen und -ärzte stehen auch im Verlauf für gezielte Beratungen zur Verfügung.

Sprachkompetenz

Zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung gilt der primäre Spracherwerb in den basalen Bereichen als abgeschlossen (Dohmen 2014). Aufgrund der hohen Prävalenz von Sprachentwicklungsstörungen zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung einerseits und dem engen Zusammenhang von Sprachkompetenz und Bildungserfolg andererseits ist ein Sprachscreening bedeutsamer Bestandteil der Schuleingangsuntersuchung (Grimm et al. 2004; Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte 2014).

Die Überprüfung der Sprachkompetenz sollte daher mit einem guten Standard erfolgen. Das Entwicklungsscreening SOPESS beinhaltet standardisierte Sprachaufgaben. Im Rahmen der  prospektiven Kindergesundheitsstudie ikidS konnte ein klarer Zusammenhang zwischen diesen vorschulischen SOPESS-Sprachaufgaben und den schulischen Sprachkompetenzen am Ende der ersten Klasse zeigen.(Läßig et al. 2019) Bei deutlichen Einschränkungen ist die schulärztliche Beratung zu allen verfügbaren Hilfsangeboten (schulisch und außerschulisch) von großer Bedeutung. 

Weitere Bereiche

Weitere für den Schulerfolg wichtige Bereiche wie die Fein- und Graphomotorik, die Körperkoordination, die mathematischen Vorläuferfähigkeiten, die Fähigkeit, Aufmerksamkeit zu bündeln und zu halten, Anforderungsbereitschaft und Motivation sowie die psychosoziale Reife im weitesten Sinne werden bei der Schuleingangsuntersuchung ebenfalls überprüft. 

Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen und Konsequenzen

Schulrelevante Auffälligkeiten werden mit den anwesenden Eltern /Sorgeberechtigten besprochen. Gegebenenfalls werden Empfehlungen zu weitergehender Diagnostik im Hinblick auf entsprechende Fördermöglichkeiten bis zum Schuleintritt ausgesprochen und z.B. schriftlich als Empfehlungsschreiben für den behandelnden Kinder-/oder HNO- oder Augenarzt ausgehändigt.

Die Schule wird entsprechend der gesetzlichen Grundlage mit einer schulärztlichen Stellungnahme über schulrelevante Ergebnisse der Untersuchung informiert. Die Eltern werden über diese Stellungnahme in Kenntnis gesetzt und erhalten ggf. eine Durchschrift.

Für Kinder, deren Entwicklungsstand erhebliche Herausforderungen für den Schulalltag birgt, gibt es vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten im pädagogischen System. Das erklärte Bildungsziel ist die Inklusion möglichst vieler Kinder mit Handicaps im Regelschulalltag.

Vorzeitige Einschulung

Auch Kinder, die nach dem jeweils gültigen Stichtag geboren sind und deren Eltern die vorzeitige Einschulung wünschen, werden zur oben beschriebenen Schuleingangsuntersuchung eingeladen.

In einigen Bundesländern, z.B. Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz gibt es keine Altersuntergrenze für eine vorzeitige Einschulung.

Es werden bei diesen sogenannten Kann-Kindern die gleichen Standards wie bei den schulpflichtigen Kindern angewandt. Unter Einbeziehung der schulärztlichen Stellungnahme entscheidet die Schulleitung über die vorzeitige Aufnahme.  

Rückstellung vom Schulbesuch

Eltern können aus unterschiedlichen Gründen einen Antrag auf Rückstellung vom Schulbesuch bzw. auf Befreiung von der Schulbesuchspflicht oder auf Beurlaubung von der Schule stellen.  

Nach der jeweils geltenden  Rechtslage in den Schulgesetzen und Verordnungen der einzelnen Bundesländer, können schulpflichtige Kinder, z.B. aus erheblichen gesundheitlichen Gründen, für ein Jahr vom Schulbesuch zurückgestellt werden. Eine Behinderung per se ist kein Grund für eine schulärztliche Empfehlung zur Rückstellung.

Generell ist der elterlicher Antrag auf Zurückstellung an die aufnehmende Schule zu richten. Bei der pädagogischen Entscheidung über eine Zurückstellung hat die schulärztlichen Stellungnahme eine wesentliche Bedeutung.  

Schulreife, Schulfähigkeit, Schulbereitschaft

Die o.g. Begriffe zeigen die jeweils dem Zeitgeschmack unterworfenen Versuche komplexe Sachverhalte zusammenzufassen und sind immer sehr kritisch zu sehen. Aufgabe der Schulärztin/des Schularztes ist es, die Ergebnisse der Untersuchung und Beratung in die Schule im Sinne des Kindes optimal zu kommunizieren, hierbei die Eltern einzubeziehen und die rechtlichen Grundlagen zu berücksichtigen.  

Gesundheitsberichterstattung 

Siehe weiteres unter Qualitätssicherung bzw. regionale und überregionale GBE.

Weitere schulärztliche Untersuchungen 

Im Rahmen der Landesverordnungen für schulärztliche Aufgaben kann der KJGD mit schulärztlichen Untersuchungen beauftragt werden. Diese Beteiligung ist je nach Schulgesetz und Verordnungen sehr unterschiedlich gestaltet, z. B. 

  • Untersuchung für sonderpädagogische Fördergutachten im Verlauf der Sonderpädagogischen Begutachtung zur Feststellung eines Förderbedarfes,

  • Feststellung von Schulfähigkeit bei Erkrankung,

  • Notwendigkeit von Hausbeschulung bei chronischer Erkrankung,

  • Untersuchungen bei Schülern mit hohen Schulfehlzeiten.

Zusätzlich ist in einigen Bundesländern die individuelle regelmäßige Begleitung von Kindern mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen üblich (z. B. Adipositas-Kontrolle, regelmäßige Erhebung des Hilfebedarfes etwa bei Schülern mit progredienten Erkrankungen).

Weiterhin ist die Überprüfung von Attesten, z. B. zur Sportbefreiung oder der Notwendigkeit von individueller Schülerbeförderung, durch den KJGD möglich. Der individuelle Transport im Rahmen der Schülerbeförderung kann auch über  eine Begutachtungen im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII  § 53 geklärt werden.

Ein standardisierter Ablauf sollte auch in diesem Zusammenhang zur Qualitätssicherung festgelegt werden.

Wie bei jeder anderen sozialpädiatrischen Untersuchung im KJGD ist auch in diesem Zusammenhang die Überprüfung der Sinnesfunktionen sinnvoll und erforderlich. Eine körperliche Untersuchung, die Erhebung der Sozialanamnese, ggf. anlassbezogene zusätzliche Testverfahren bei Verdacht auf  Teilleistungsstörungen oder umschriebene Entwicklungsstörungen sind je nach Anlass notwendig. Ein weiterer wichtiger Aspekt kann eine seelische/psychosoziale Belastung des Kindes oder der Familie sein. Bei Bedarf sollte die Vermittlung zu Fachärzten und weiterer Diagnostik und Therapie erfolgen. Eltern und Schüler/innen sollten darüber hinaus ermutigt werden, Angebote wie Nachhilfe, Bildung und Teilhabe, Sportvereine,sowie Ganztagsbetreuung in Anspruch zu nehmen. Auch Hinweise auf und Vermittlung von passgenauen Hilfen, wie z. B. Familienberatungsstelle, Jugendhilfe, Erziehungsberatungsstelle, Kinder- und Jugendpsychiatrischer bzw.  Sozialpsychiatrischer Dienst oder sonstigen familienentlastenden Angeboten, sind Teil der schulärztlichen Beratungsaufgabe.

Die Umsetzung der Empfehlungen sollte nachverfolgt werden. Dies ist je nach Rechtsgrundlage z.B. durch Rücklaufbögen etabliert. (Ellsässer 2017)

Schulärztliche Reihenuntersuchungen in anderen Jahrgängen

In Abhängigkeit von den landesrechtlichen  Grundlagen werden Reihenuntersuchungen anderer Jahrgänge durchgeführt. Häufiger erfolgt die jahrgangsbezogene Erhebung des Impfstatus sowie eine altersangepasste Information und Beratung zum Thema Infektionskrankheiten und Impfungen.

Schulärztliche Untersuchung von Seiteneinsteigenden

Diese Untersuchung betrifft Kinder und Jugendliche, die aus dem Ausland zuziehen, in der Bundesrepublik Deutschland schulpflichtig sind und bisher keine deutsche Schuleingangsuntersuchung mitgemacht haben. In einigen Bundesländern ist diese Untersuchung gesetzlich festgeschrieben. Die Untersuchung beinhaltet individualmedizinische Aspekte, um einen individuell erfolgreichen Schulbesuch zu ermöglichen, sowie allgemeinmedizinische Aspekte, insbesondere Impfungen und in Gemeinschaftseinrichtungen häufig auftretende Infektionskrankheiten. 

Bei Zuzug von Asylbewerbern sollten die für alle Kinder von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen auch bei fehlenden Impfdokumenten in der Regel bereits im Rahmen der Erstuntersuchung (§ 62 AsylG) erfolgt sein, ebenso wie die Untersuchung auf Tuberkulose.

Der Auftrag für die Untersuchung der Seiteneinsteigenden erfolgt i.d.R. im Auftrag der aufnehmenden Schule, der im Anschluss an die Untersuchung das Ergebnis übermittelt wird. 

Hinzuweisen ist auf die auch in diesem Kontext gültigen Rechtsgrundlagen für ärztliche Untersuchungen (, Anwesenheit von Sorgeberechtigten etc.). Da ohne eine ausreichend gute und sensible Kommunikation die Erhebung der Anamnese und die dadurch ggf. unterschiedliche Interpretation von Untersuchungsergebnissen nicht möglich ist, ist in der Regel auch ein Sprachmittler erforderlich.

Auch diese Untersuchung sollte standardisiert durchgeführt werden und neben der körperlichen Untersuchung, einschließlich der Inspektion der Haut, mindestens einen Hör- und Sehtest beinhalten. Auch Hinweisen auf eventuell bestehende chronische Erkrankungen, Entwicklungsverzögerungen / Behinderungen sollte die Ärztin, bzw. der Arzt, ggf. mit dem Verweis auf weitere Diagnostik, nachgehen. Dies gilt auch - soweit es die Rahmenbedingungen der Untersuchung und Beratung erlauben - für die psychosoziale Gesundheit der Kinder und Jugendlichen.

Somit kann zusätzlich zur Information an die Schule abhängig von dem Ergebnis der Untersuchung eine Weitervermittlung an andere Institutionen, Ämter, Ärzte oder ggf. eine Wiedervorstellung im KJGD notwendig und sinnvoll sein. Auf eine Vervollständigung von empfohlenen Impfungen sollte nach Empfehlungen der STIKO hingewirkt werden.

Schulabsentismus

Die KJGD Ärztin, bzw. der Arzt kann im Rahmen von Schulärztlichen Untersuchungen, allgemeinen Beratungen der Lehrkräfte oder auch im Rahmen der Begutachtung bei Eingliederungshilfe zur Problematik der Schulabstinenz hinzugezogen werden. Ursachen für Schulabsentismus können somatische oder psychosomatische Erkrankungen, Mobbing, Leistungseinbruch oder kognitive Überforderung, Probleme im häuslichen Kontext oder andere sein. In der Untersuchung ist deshalb zu klären, welche Belastungsfaktoren vorliegen. Eltern, Schüler und Schule sind zu beraten und ggf. ist auf weitere Beratung, Diagnostik oder Therapie hinzuwirken. 

Erkrankung oder psychische Störung der Eltern oder engen Bezugspersonen spielen eine bedeutende Rolle. Die Beteiligung eines Schulpsychologen, Kinder- und Jugendpsychiatrischen bzw. Sozialpsychiatrischen Dienstes oder Kinder- und Jugendpsychiaters kann hilfreich, je nach Störungsbild auch notwendig sein.

Nur die Betrachtung des gesamten Systems kann zur Überwindung der Schulabstinenz führen.

Das Problem kann auch in der Schule als Lernort liegen. Schule kann einerseits Schutzfaktor, strukturierter Ort, Übergangsraum zur Gesellschaft sein. Andererseits kann sie durch Leistungsdruck, Anonymität, Missachtung, Bewegungsarmut, Mobbing, mangelnde Autorität und Struktur, Gewalt und Drogen wesentlicher Teil der Problematik sein.

Schulen haben die Möglichkeit, über ihre Struktur und Organisation die Motivation der Kinder und Jugendlichen zum Schulbesuch zu fördern. Aufgrund der ungünstigen Prognose bei langfristigem Schulabsentismus existieren vielerorts gemeinsam entwickelte Algorithmen und Kooperationsvereinbarungen.

Schulabgangsuntersuchung

Untersuchungen in den 10.Klassen durch die Ärztinnen und Ärzte des KJGD sind nur noch in wenigen Bundesländern durch die Schulgesetze oder die GDGs vorgesehen.

Diese Untersuchungen orientieren sich an den Notwendigkeiten für die Untersuchung nach Jugendarbeitsschutzgesetz. Gleichzeitig sind sie eine Gelegenheit, präventiv zu wirken, z. B. durch die Information zur individuellen Gesundheit und den entsprechenden persönlichen Möglichkeiten (z. B. Impfungen, Ernährung, Medienkonsum).

Zusätzlich zur gründlichen körperlichen Untersuchung einschließlich einer orientierenden neurologischen Einschätzung sind die Messung des Blutdrucks, Hör- und Sehtest, Erhebung der Körpermaße und die Erhebung des Impfstatus sinnvoll. 

Dieser Vorstellungs-Anlass kann auch zur Datenerhebung (Teilnahmequote der J-Untersuchungen, Impfungen, etc.) und zu Jugendgesundheitsbefragungen genutzt werden.

Jugendarbeitsschutzgesetz

Das Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend schreibt für Jugendliche, die eine Erwerbstätigkeit beginnen wollen, eine ärztliche Untersuchung (Erstuntersuchung) vor. Aufgrund dieser gesetzlichen Vorschrift werden die Kosten für diese Untersuchung vom Staat getragen. Das Ergebnis der Untersuchung wird auf einem bundeseinheitlichen Bogen dokumentiert.

Je nach Bundesland, bzw. Kommune erhalten die Jugendlichen diese Unterlagen bei verschiedenen Behörden, in einigen Kommunen werden die Untersuchungen auch im KJGD durchgeführt. 

Im Dokumentationsbogen werden Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit durch die Gefährdung von Gesundheit und Entwicklung des Jugendlichen dem (zukünftigen) Arbeitgeber mitgeteilt, ggf. auch Einschränkungen bezüglich einzelner Aufgaben. 

Diese Erstuntersuchung ist für 14 Monate gültig, sollte der Jugendliche bis dahin nicht volljährig sein, ist eine zweite Untersuchung notwendig.

Asylbewerberleistungsgesetz

Wenn die Familie aufgrund ihres Aufenthaltsstatus Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) hat und für die gesundheitliche Versorgung der Kinder Leistungen erforderlich sind, werden oftmals die KJGDs mit einer entsprechenden Stellungnahme beauftragt. 

§ 4 AsylbLG ** regelt die Gewährung von Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände. Darüber werden die Kosten für Schutzimpfungen und Vorsorgeuntersuchungen übernommen sowie die Betreuung, pflegerische Hilfe und Hebammenhilfe bei der Schwangerschaft und Geburt. 

Fragestellungen an den KJGD betreffen oftmals die Notwendigkeit von z.B. einer HNO-OP, logopädischer Therapie, ggf. Hilfsmittelversorgung.

Maßgeblich ist für Kinder neben dem § 4 des AsylbLG insbesondere der §6, der auf “besondere Bedürfnisse von Kindern” hinweist und somit eine Möglichkeit eröffnet, eine individuelle altersgerechte und angemessene gesundheitliche Unterstützung im weitesten Sinne zu vermitteln. Dies umfasst je nach kommunaler Sichtweise auch heilpädagogische Maßnahmen etc..

Zugewanderte Familien (ohne Krankenversicherung)

Seit der EU-Osterweiterung im Jahre 2007 kommen im Rahmen der allgemeinen Freizügigkeit Familien nach Deutschland, die zum Teil erhebliche Probleme mit dem Zugang zum deutschen Versorgungssystem haben. Das betrifft auch die Gesundheitsleistungen für ihre Kinder und sich selbst.

Bei fehlender Krankenversicherung sind die Zugezogenen Selbstzahler für medizinische Leistungen. 

In vielen Bundesländern sind aufgrund dieser Situation Hilfsangebote ins Leben gerufen worden, teilweise auch mit Beteiligung der KJGDs.

Es werden Beratungs- oder Sprechstunden mit einer Basisversorgung für Kinder, Jugendliche und ggf. auch für Schwangere angeboten. Das Angebot beinhaltet häufig Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen, Beratung und Vermittlung in weitere vor Ort bestehende Angebote. Wichtig ist die Anwesenheit von Sprachmittlern. 

Das Ziel der Kontakte sollte die Vermittlung ins Regelsystem sein. 

Schengenabkommen

Bei Reisen bis zu 30 Tagen in Mitgliedstaaten des Schengener Abkommens kann die Mitnahme von ärztlich verschriebenen Betäubungsmitteln erfolgen, sofern eine vom behandelnden Arzt ausgefüllte Bescheinigung nach Artikel 75 des Schengener Durchführungsübereinkommens mitgeführt wird. Diese Bescheinigung ist vor Antritt der Reise durch die oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr beauftragte Stelle, oftmals das Gesundheitsamt vor Ort, zu beglaubigen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stellt auf seiner Webseite zum herunterladen zur Verfügung Formlarvorlagen zur Bescheinigung für das Mitführunen von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung nach Art. 75 des Schengener Durchführungsabkommen und Bescheinigung für Reisende, die mit Betäubungsmitteln behandelt werden und mit diesen außerhalb des Schengen Raums reisen.

Kinderschutz/Kindeswohlgefährdung 

Die Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.” Art.6 (2) GG.

Kindern und Jugendlichen eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen und sie vor Gefährdungen für ihr Wohl zu schützen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.” Berliner Gesetz zum Schutz und Wohl des Kindes, 2009. 

Das Wächteramt (Garantenstellung) obliegt im kommunalen Kontext den Jugendämtern. 

Der Hilfe- und Unterstützungsauftrag liegt beim Jugendamt, das durch Beratung, Förderung und Hilfen zur Erziehung die Erziehungsverantwortung der Eltern unterstützen und stärken soll. Abzugrenzen davon ist das Wächteramt (Garantenstellung) des Jugendamtes. Es ist ermächtigt, bei drohender Gefahr für das Wohl des Kindes die erforderlichen Maßnahmen zu prüfen und ggf. das Kind in Obhut zu nehmen. 

Im Rahmen des Schutzauftrages des Jugendamtes kann die Gewährung von Hilfen ein geeignetes Mittel zur Abwendung der Gefährdung darstellen. Diese Hilfe kann beinhalten, dass die Familie das betreffende Kind, bzw. die betreffenden Kinder regelmäßig zur Untersuchung im KJGD vorstellt. Hier können Hinweise auf körperliche Verletzungen wie auch der kindliche Entwicklungsstand dokumentiert werden. 

Bei entsprechender Absprache mit dem Jugendamt ist eine Miteinschätzung durch den KJGD möglich. Dies muss in Anwesenheit der / des Sorgeberechtigten erfolgen, solange das Kind noch nicht in Obhut genommen wurde. Da eine gerichtsfeste Dokumentation der Befunde gewährleistet sein muss, ist eine gute Zusammenarbeit mit einer gerichtsmedizinischen Abteilung zwingend erforderlich. Auch der Hinweis auf die aktuelle medizinische Kinderschutz-Hotline ist dringend empfohlen: Tel. 0800-1921000. In diesem Zusammenhang muss die stetige Qualifikation der medizinischen Fachkräfte im Kinderschutz sichergestellt sein. Grundlage ist eine gute Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachkraft im Jugendamt.

Zu beachten sind auch in diesem Zusammenhang die rechtlichen Rahmenbedingungen des Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG), insbesondere §4 Abs. 3 und der Kommunikation (Datenschutz, Schweigepflicht, Mitteilungsbefugnis).

Stellungnahmen und Gutachten 

Eingliederungshilfe

Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen oder chronischen Erkrankungen, die von Behinderung bedroht oder behindert sind, und deren Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft deswegen beeinträchtigt ist, haben Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. 

Maßnahmen der Eingliederungshilfe sollen eine drohende Behinderung abwenden, eine Behinderung und deren Folgen beseitigen oder mildern und die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen und fördern. 

Für Kinder und Jugendliche bedeutet das vor allem 

  • Hilfen zu einer umfassenden vorschulischen, schulischen und auch weitergehende Ausbildung

  • Hilfen zu einer angemessenen Tätigkeit, der Teilhabe am sozialen Leben und die Unabhängigkeit von Pflege.

Um einen Entscheidung über die Maßnahmen zu treffen, können die jeweiligen Leistungsträger (z.B. die kommunalen Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe) eine ärztliche Stellungnahme in Auftrag geben. 

Bundesteilhabegesetz

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung (Bundesteilhabegesetz, BTHG) wurde 2016 ein neues Bundesgesetz zur Regelung der Eingliederungshilfe als eigenes Leistungsgesetz in Kraft gesetzt, dessen Umsetzung bei den Ländern liegt. Der aktuelle Stand der Umsetzung unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland erheblich. Seit dem 31.12.2019 gelten nach § 13 SGB IX landeseinheitliche Bedarfsermittlungs-Instrumente auf der Grundlage des ICF (Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) 2005).

Mit dem BTHG erfolgte ein Paradigmenwechsel in der Feststellung von Behinderung im sozialrechtlichen Sinne. Bisher wurde die Feststellung der Behinderung bzw. drohenden Behinderung ärztlicherseits getroffen. 

Maßnahmen zur Sicherung der Teilhabe, wie etwa Eingliederungshilfe, wurde basierend auf dieser Festellung empfohlen. Die Kostenträger prüften daraufhin die sozialrechtlichen Bedingungen und entschieden über die Kostenübernahme.

Nunmehr stellen Ärztinnen und Ärzte im KJGD im Auftrag der Kostenträger der Sozial- und Jugendhilfe eine medizinische Diagnose mit ICD10-Kodierung. Fachlich-inhaltlich unverzichtbar ist weiterhin die sozialmedizinische Beurteilung der Auswirkungen der Behinderung auf den Alltag, das soziale Umfeld und die Teilhabe des Kindes mit Empfehlungen zu Diagnostik, Therapie, Reha-Maßnahmen, Hilfsmittelversorgung und Beratung in den regionalen Netzwerken. Inwieweit diese sozialpädiatrischen Erkenntnisse in den Entscheidungsprozess der Kostenträger einfließen, ist Sache der regionalen / kommunalen Absprachen. 

Die Einschätzung der Teilhabe-Auswirkungen und die sozialrechtliche Einordnung als Behinderung ist u.U. keine ärztliche Aufgabe mehr, sonder erfolgt überwiegend durch Sozialpädagogen in der Hilfeplanung. Hinzuweisen ist auf die gesetzlichen Grundlagen zum Gesamtplanverfahren im BTHG, welches u.a. ein Zusammenwirken von Verwaltung, Hilfeplanung und ärztlicher Expertise beschreibt.

Die Durchführung und Dokumentation der ärztlichen Untersuchung und die abschließende Stellungnahme für die Kostenträger sollte standardisiert erfolgen. Grundsätzliche Informationen im Zusammenhang mit Stellungnahmen zur pädagogischen Frühförderung sowie zu ärztlichen Stellungnahmen erfolgen durch den KJGD. 

Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht beim Vorliegen einer wesentlichen oder drohenden Behinderung. Dies kann in einer Einschränkung der körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder der seelischen Gesundheit bestehen. ( §1 Nr.1-3 der Durchführungsverordnung zu §60 SGB XII, sogenannte Eingliederungshilfe-Verordnung).

Die Behinderung muss mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegen, der Gesundheits- oder Entwicklungszustand des Kindes oder Jugendlichen muss mehr als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft muss auf die Behinderung, bzw. drohende Behinderung zurückzuführen sein.  

Frühförderung

Die häufigste Maßnahme der Eingliederungshilfe für Kinder im nicht schulpflichtigen Alter ist die Frühförderung. Liegt eine wesentliche Behinderung vor oder droht diese, kann eine heilpädagogische Frühförderung, ggf. sinnesspezifische Frühförderung, sinnvoll sein.

Je nach länderspezifischen Regelungen und kommunalen Absprachen ist die ärztliche Stellungnahme Aufgabe der KJGDs. Primäres Ziel von Frühförder-Gutachten muss eine interdisziplinäre, umfassende entwicklungspsychologische und pädiatrische Betrachtung des Kindes sein (Bahlmann-Duwe et al. 2016).

Insbesondere sei hier „Leitfaden EGH“ des KJÄD in Niedersachsen hingewiesen. Dort werden die Grundlagen der ärztlichen Begutachtung in der Eingliederungshilfe gerade für junge/neue Kollegen/innen gut nachvollziehbar beschrieben.

Infektionsschutz und Impfprävention

Ein wichtiger Aufgabenbereich des KJGD ist die Mitwirkung im Zusammenhang mit dem Schutz vor übertragbaren Erkrankungen, dem sogenannten Infektionsschutz. Dabei sind die KJGDs zentrale Akteure bei der Verbesserung der Durchimpfungsraten von Kindern und Jugendlichen. 

Kontrolle des Impfstatus

Die Wichtigkeit von Impfungen als Präventionsmaßnahme ist unbestritten. Im Rahmen der bisher nicht gelungenen Eradikation der Masern in Deutschland ist die Pflichtimpfung aktuell politisch gewollt. Dies führt zu neuen Pflichtaufgaben des KJÄD, da bei Nichtimpfung Beratung der Eltern und Nachverfolgung durch die kommunalen Gesundheitsbehörden gesetzlich vorgesehen sind.

Dem KJGD kommen bei der Verbesserung der Durchimpfungsraten in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten wesentliche Aufgaben zu. Orientierend an den jeweils gültigen Impfempfehlungen der StIKO wird bei jeder Vorstellung eines Kindes versucht, den Impfstatus zu kontrollieren und - wenn möglich - die Impflücken zu schließen. Verpflichtend erfolgt die Kontrolle des Impfstatus bei Schuleintritt der Kinder (§ 34 (11) IfSG).

Die Empfehlungen der STIKO werden regelmäßig mindestens einmal jährlich, in aller Regel in der 34. Kalenderwoche, im entsprechenden Epidemiologischen Bulletin (EpiBull) des RKI veröffentlicht. Die Kostenübernahme für die dort öffentlich empfohlenen Impfungen wird im Anschluss durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) geregelt und ist somit nicht automatisch zum Zeitpunkt des Erscheinens des EpiBull sichergestellt.

Das Infektionsschutzgesetz regelt zwei Sachverhalte im Zusammenhang mit dem Impfschutz eines Kindes:

  1. Aufgrund des § 34 Abs.10a ist bei der Erstaufnahme in eine Kindertageseinrichtung von den Erziehungsberechtigten ein schriftlicher Nachweis darüber zu erbringen, dass zeitnah vor der Aufnahme eine ärztliche Beratung in Bezug auf einen altersgemäß vollständigen (siehe STIKO Impfempfehlungen) Impfschutz des Kindes erfolgt ist. Wenn der Nachweis nicht erbracht wird, benachrichtigt die Leitung der Kindertageseinrichtung das zuständige Gesundheitsamt und übermittelt personenbezogene Angaben. Das Gesundheitsamt kann die Personensorgeberechtigten zu einer Beratung laden. 

  2. Durch das sogenannte “Masernschutzgesetz” ist seit dem 01 März 2020 für alle Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind und eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen, durch den Impfpass oder eine ärztliche Bescheinigung ausreichender Masernschutz nachzuweisen damit diese in einer Kita oder Kindertagspflegeeinrichtung betreut werden dürfen.

  3. Im § 34 Abs. 11 ist verankert, dass bei Erstaufnahme in die erste Klasse einer allgemeinbildenden Schule das Gesundheitsamt oder der von ihm beauftragte Arzt den Impfstatus zu erheben hat und die hierbei gewonnenen aggregierten und anonymisierten Daten über die oberste Landesgesundheitsbehörde dem RKI zu übermitteln hat. Somit wird im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung der jeweilige Impfstatus dokumentiert und die Familie in Hinsicht auf ggf. noch erforderliche Impfungen beraten. Diese Daten zu Durchimpfungsraten werden sowohl kommunal als auch überregional ausgewertet und als Impfbericht zusammengefasst (Rieck et al. 2019).

In einigen Bundesländern erfassen die KJGDs den Impfstatus aller Kinder und Jugendlichen zusätzlich im Rahmen einer späteren Reihenuntersuchung, in anderen Bundesländern wird in bestimmten Schulstufen allen Schulkindern eine erneute Impfbuchkontrolle angeboten. 

Durchführung von Impfungen

Wenn Impfungen durch den KJGD vorgenommen werden, erfolgen diese z.B. “sozialkompensatorisch” für Kinder und Jugendliche ohne bestehenden Krankenversicherungsschutz oder ggfs. aufgrund einer Rahmenvereinbarung zur Förderung öffentlich empfohlener Impfungen mit den gesetzlichen Krankenkassen bzw. im Rahmen von Kampagnen, ggf. finanziert über die Landeskassen. 

Von besonderer Bedeutung ist die Aufklärung und Beratung der Sorgeberechtigten und deren schriftliche Einverständniserklärung zur Impfung.

Mitwirkung bei Ausbrüchen von Infektionskrankheiten in Gemeinschaftseinrichtungen 

Je nach kommunaler Organisationsstruktur und Aufgabenverteilung können durch den KJGD Maßnahmen in Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Jugendliche erfolgen. Diese Maßnahmen umfassen u.a. die Durchsicht von Impfdokumenten von Kindern und Erwachsenen (Erzieher, Lehrer u.a.), Aufklärungen und Beratungen, Entscheidungen des Ausschlusses von Gemeinschaftseinrichtungen, bzw. der Wiederzulassung dazu (siehe dazu IfSG, § 34 Gesundheitliche Anforderungen, Mitwirkungspflichten, Aufgaben des Gesundheitsamtes). 

Bei Auftreten einer impfpräventablen Infektionskrankheit (z.B. der Masern) in einer Kindergemeinschaftseinrichtung kann der KJGD im Rahmen des Infektionsschutzes an der Durchführung von Riegelungsimpfungen beteiligt sein. 

Belehrungen und Beratungen von Jugendlichen, gemäß der Arbeitsmedizinischen Vorsorge Verordnung

Vor Aufnahme einer Tätigkeit, z.B. eines Praktikums in einem Aufgabenbereich, in dem ein erhöhtes Risiko für ansteckende Erkrankungen besteht oder in dem mit Biostoffen gearbeitet wird (z.B. Labore oder Küchen), ist als arbeitsmedizinische Vorsorge (ArbMedVV) eine Belehrung nach §§ 42,43 des Infektionsschutzgesetzes erforderlich.  

Diese Belehrungen werden auch bereits für Kinder und Jugendliche, teils vom KJGD, z.B. in Schulen als Gruppenbelehrungen oder in den Dienststellen als Einzelbelehrungen vor Beginn von Schulpraktika durchgeführt.