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► Inhaltsverzeichnis Kapitel (ausklappbar)
  1. Risikokommunikation
  2. Krisenkommunikation
  3. Presse- und Medienarbeit
  4. Direkte Kommunikation: Internet, Bürgertelefon, soziale Medien & Apps
  5. Fachkommunikation
  6. Verantwortlichkeit und Dokumentation

Eine gute Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil zur erfolgreichen Bewältigung einer Krise. Man unterscheidet (1) die “interne” Kommunikation innerhalb des Verwaltungs- bzw. Krisenstabes, diese ist durch die jeweilige Stabsdienstordnung geregelt, und (2) die “externe” Kommunikation nach außen. Die interne Kommunikation ist im Kapitel “Einsatzplanung” dargestellt. In diesem Kapitel wird die “externe” Kommunikation mit der Bevölkerung dargestellt.

Hierbei wird zwischen Risiko- und Krisenkommunikation unterschieden. Mit Risikokommunikation wird die Kommunikation im Vorfeld einer Krise bezeichnet. Krisenkommunikation wird notwendig, wenn die Krise eingetreten ist. Eine gute Risikokommunikation erleichtet die Kommunikation in der Krise erheblich, da sie es ermöglicht, auf dieses Wissen im Krisenfall aufzubauen.

Der Leitfaden Krisenkommunikation des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) stellt in übersichtlicher Weise die folgenden Themen für eine erfolgreiche Kommunikation dar:

  • Risikokommunikation

  • Krisenkommunikation

  • Zielgruppengerechte Krisenkommunikation

  • Krisenkommunikationsplan

  • Planungshilfen

Durch eine gute Kommunikation können Bevölkerung, Medienvertreter und Behörden zu einem erfolgreichen Team bei der Bewältigung einer Krise werden.

Risikokommunikation

Ziel der Risikokommunikation ist es, das gegenseitige Vertrauen aller Beteiligten zu stärken. Dies gelingt am besten durch den Aufbau einer langfristigen Beziehung. Diese stellt die Grundlage für Glaubwürdigkeit dar, die im Krisenfall unverzichtbar ist. Risikokommunikation setzt daher Transparenz, Verlässlichkeit und größtmögliche Ehrlichkeit voraus. Entsprechend stellt Risikokommunikation einen kontinuierlichen Prozess dar. Behörden sollten sie ansehen und nutzen als

„Austausch von Informationen und Meinungen über Risiken zur Risikovermeidung, Risikominimierung und Risikoakzeptanz“ (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2011),

bei der alle Beteiligten einbezogen werden sollten.

Dies ist insbesondere von Bedeutung, wenn die Bevölkerung motiviert werden soll, selber Vorsorge zu betreiben. Ein Beispiel für die Krisenvorsorge ist die Broschüre des BBK Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen, in der wichtige Informationen und Checklisten zusammengestellt sind

zu allen wichtigen Themen – vom Lebensmittelvorrat bis zum Notgepäck – um persönlich für den Notfall gerüstet zu sein(Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2018) .

Nur durch präventive Kommunikation ist es möglich, dass im Krisenfall auf die getroffe Vorsorge zurückgegriffen und das Wissen unverzüglich abgerufen werden kann.

Ein Beispiel für die Notwendigkeit einer Risikokommunikation ist die in diesem Handbuch dargestellte Ressourcenknappheit, hier am Beispiel der Verteilung von Medikamenten herausgegriffen. Solange keine gesundheitlichen Gefahren drohen, wird jede Person dafür Verständnis aufbringen, dass medizinisches Personal, das sich um die ersten Patienten kümmern muss, bevorzugt geschützt werden muss. Ebenso Kräfte, die für die Aufrechterhaltung der kritischen Infrastrukturen oder für die öffentliche Sicherheit verantwortlich sind. Für die Arbeit innerhalb des eigenen Amtes kann dies bedeuten, dass im Vorfeld einer Krise geklärt wird, welche Aufgaben, die im Regelbetrieb eine hohe Wichtigkeit haben, in der Krise zurückstehen müssen.

Herausforderung der Risikokommunikation ist, dass eine Vielzahl von Faktoren darüber entscheidet, wie ein Risiko wahrgenommen wird. Dies kann dazu führen, dass hohe Risiken unter- und geringe Risiken überschätzt werden, wodurch im Rückschluss die Maßnahmen der Gesundheitsbehörden als überzogen oder als unzureichend empfunden werden. Ein typisches Beispiel hierfür ist, eine Impfung aus Angst vor den sehr seltenen Nebenwirkungen abzulehnen und dafür das wesentlich höhere Risiko eines schwerwiegenden Erkrankungsverlaufs bei einer Infektion in Kauf zu nehmen. Treten gefährliche Erkrankungen aufgrund hoher Impfraten nur noch selten auf, ist eine besondere Herausforderung, persönliche und gesellschaftliche Nutzen-Risiko-Erwägungen voneinander getrennt darzustellen.

Die Art der Kommunikation trägt entscheidend dazu bei, wie ein bestimmtes Risiko wahrgenommen wird. So deuten verschieden Studien darauf hin, dass bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit, relative Zahlen - im Vergleich zu absoluten Zahlen- häufig zu einer zu hohen Risikobewertung führen (Wegwarth, Odette; Gigerenzer, Gerd 2011). Auch kann die Art der Darstellung dazu führen, dass das Schadensausmaß falsch eingeschätzt wird. Dies spielt insbesondere bei biologischen Gefahrenlagen, bei denen das Schadensausmaß von so vielen Faktoren abhängt, dass eine Abschätzung nahezu unmöglich ist, eine große Rolle. Auch diese Unsicherheit muss kommuniziert werden. So hat z.B. die strategische Planung für den Fall, wie mit 30% Personalausfall umzugehen ist, dazu geführt, dass sich die Auffassung festgesetzt hat, dass bei jeder Pandemie ca. 30% erkranken.

Auch der Zeitpunkt der Risikokommunikation kann einen Einfluss darauf haben, wie sie wahrgenommen wird. Die Veröffentlichung von diesen Notfall-Informationen muss daher so in eine Risikobewertung eingebettet werden, dass für den Adressaten deutlich wird, ob dies eine allgemeine Information ohne aktuellen Anlass ist oder auf ein in Kürze zu erwartendes Ereignis vorbereiten soll. Neben dem langfristigen Aufbau von Vertrauen, kann die Risikokommunikation auch kurzfristig bei vermuteten, vorhersehbaren Gefahren (z.B. extremen Wetterlagen) dazu genutzt werden,

die Bevölkerung für bevorstehende Ereignisse zu sensibilisieren und Maßnahmen z.B. zur Warnung der Bevölkerung und zum Schutz der Bevölkerung vorzubereiten”,

wie das BBK in seinem Glossar “Ausgewählte zentrale Begriffe des Bevölkerungsschutzes” schreibt.

Krisenkommunikation

Im Gegensatz zur Risikokommunikation, die vor allem der Vorbereitung auf die Krise dient, bedeutet Krisenkommunikation den

Austausch von Informationen und Meinungen während einer Krise zur Verhinderung oder Begrenzung von Schäden an einem Schutzgut(Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2011).

Krisenkommunikation muss sicherstellen, dass alle Verantwortlichen den gleichen Informations- und Wissensstand haben. Ebenso müssen Medien und Bevölkerung möglichst wahrheitsgemäß, transparent und aktuell informiert werden.

Ziel der Krisenkommunikation ist es, rechtzeitig, ausreichend und konkret zu informieren, damit die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung getroffen werden können. Um Verunsicherung zu vermeiden, ist eine abgestimmte Sprachregelung, an die sich alle Beteiligten zu halten haben, erforderlich. Aus diesem Grund ist es notwendig, auch eine Krisenkommunikation im Vorfeld zu planen.

Wird der richtige Zeitpunkt versäumt oder werden unterschiedliche Informationen verbreitet, drohen überbordende Fehlinformationen und unzutreffende Gerüchte, die schlimmstenfalls zu Hysterie oder Panik führen. Bereits von den ersten Reaktionen kann es abhängen, ob der Krisenverlauf für die Organisation außer Kontrolle gerät.

MERKE: Um die Kontrolle über die Kommunikation zu behalten, gelten daher folgende Grundsätze:

  1. Agieren statt reagieren

  2. Nur gesicherte Informationen herausgeben, ggf. Unsicherheiten erläutern

  3. Kontakt halten und ansprechbar sein

Presse- und Medienarbeit

Im Krisenfall muss die Kommunikation nach außen eindeutig geregelt werden. Presse und Medien benötigen feste Ansprechpartner. Informationen an die Öffentlichkeit dürfen nur durch dafür Autorisierte gegeben werden, die für diese Aufgabe besonders ausgebildet sind. Anfragende müssen an Autorisierte verwiesen werden. Fach-Expertise bedeutet nicht automatisch, dass diese auch verständlich vermittelt werden kann. Üblicherweise wird in Verwaltungen die Pressearbeit zentral über eine Pressestelle geregelt. Diese ist auf jeden Fall einzuschalten.

Da die Bevölkerung erwartet, dass die Behörden zeitnah Hilfe leisten, Sicherheit geben und effizient funktionieren, ist der Umgang mit Unsicherheiten, wie er häufig zu Beginn einer Krise besteht, eine besondere Herausforderung. Um Vertrauen zu erhalten, muss die Unsicherheit kommuniziert werden, gleichzeitig müssen auch die Maßnahmen benannt werden, die ergriffen werden, um die Unsicherheiten zu klären und den Zeitpunkt, wann mit weiteren Informationen zu rechnen ist.

Zur Vorbereitung auf eine Pressekonferenz ist es wichtig, sich nicht nur auf die Informationen vorzubereiten, die vermittelt werden sollen, sondern sich auch zu überlegen, welche Informationen die Pressevertreter haben möchten. Wenn die Vertreter der Medien die Antworten auf ihre Fragen nicht von den autorisierten Personen erhalten, werden sie sich andere “Experten” suchen, die Antworten geben. Bei sehr komplexen und fachlichen Themen kann es daher empfehlenswert sein, ein Team von Ansprechpartnern zur Pressekonferenz dazuzubitten. Dies können je nach Szenario z.B. der behandelnde Arzt, beteiligte Rettungskräfte oder Vertreter anderer Behörden sein.

Hilfreich ist es, den Pressevertretern auch organisatorisch gute Rahmenbedingungen für ihre professionelle Arbeit zu liefern, z.B. einen ausreichend dimensionierten Presseraum mit guter Akkustik, möglichst mit Tischen, Stühlen, Steckdosen und WLAN ausgestattet, so dass die Informationen gleich weiterverarbeitet werden können. Bei längeren Lagen kann es sinnvoll sein, für Verpflegung, zumindest Getränke oder auch einfache Speisen, zu sorgen. Die Betreuung sollte möglichst durch eine durchgängig anwesende, geschulte Person erfolgen oder zumindest sollte deren ständige Erreichbarkeit sichergestellt sein.

Direkte Kommunikation: Internet, Bürgertelefon, soziale Medien & Apps

Neben Pressekonferenzen, die ausschliesslich einen persönlichen Kontakt zwischen Behörde und Medienvertretern ermöglichen, bietet das Internet zahlreiche Möglichkeiten, direkt mit der Bevölkerung zu kommunizieren. Auch hierzu ist eine Vorbereitung im Vorfeld notwendig, um im Krisenfall auf die notwendige Infrastruktur und Expertise zurückgreifen zu können. Eine Kenntnis der Zielgruppe, die erreicht werden soll, ist bei direkter Kommunikation besondes notwenig, um die richtigen Kommunikationskanäle und die passende Sprache zu wählen.

Für das Internet können im Vorfeld Darksites vorbereitet werden, die im Krisenfall mit aktuellen Informationen bestückt werden und eine schnelle Freischaltung ermöglichen.

Eine weitere Kommunikationsform, die von der Bevölkerung sehr geschätzt wird, jedoch sehr personalintensiv ist, sind Bürgertelefone oder sogenannte “Hotlines”. Im Umkehrschluss kann aus den häufigsten Fragen auch abgelesen werden, zu welchen Themen ein besonderer Informationsbedarf besteht oder sich gar falsche Informationen verbreiten.

Speziell für die schnelle Warnung vor Gefahrenlagen wurde die Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes, kurz Warn-App NINA, entwickelt. Wichtige Warnmeldungen für unterschiedliche Gefahrenlagen wie zum Beispiel zu einer Gefahrstoffausbreitung oder einem Großbrand werden direkt auf die Mobiltelefone der Bevölkerung gesendet. Auch hierbei ist die Risikokommunikation im Vorfeld notwendig, um die App bekannt zu machen.

Fachkommunikation

Bei einigen Krisenlagen kann es notwendig oder auch hilfreich sein, eine gezielte Fachkommunikation mit besonderen Zielgruppen zu führen. Für den ÖGD sind die in ihrem Zuständigkeitsbereich tätigen Ärztinnen und Ärzte hierbei besonders herauszuheben. Einerseits kann auch bei ihnen Unsicherheit vorliegen, der dringend entgegengewirkt werden muss, andererseits sind sie wichtige Multiplikatoren, die ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung besitzen.

Aufgrund ihrer Ausbildung kann bei medizinisches Fachpersonal fachliches Wissen vorausgesetzt werden, dass für die Kommunikation mit der Bevölkerung entsprechend die eigenen fachspezifische Sprache anwenden und nutzen kann.

Verantwortlichkeit und Dokumentation

In der Regel gibt es in den Verwaltungen Presseabteilungen mit Pressesprechern, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind. Der Umgang mit Presseanfragen, Anfragen von anderen Behörden, Anfragen von Institutionen und Anfragen aus der Bevölkerung sollte klar geregelt sein. In Krisensituationen werden häufig zentrale Auskunftsstellen eingerichtet, die einen Teil der Öffentlichkeitsarbeit übernehmen. Abzuraten ist von ungeregeltem Auskunftsverhalten von Experten. Die für Auskünfte autorisierten Personen sollten verpflichtet werden, die Anfragen nachvollziehbar und strukturiert zu dokumentieren. Die Hauptverantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit müssen jederzeit den Stand der bereits herausgegebenen Informationen nachvollziehen können.

Wichtig bei der Kommunikation, insbesondere in Krisensituationen, ist immer auch die Dokumentation, die eine Nachvollziehbarkeit sicherstellen muss. Durch klar festgelegte interne Zuständigkeits- und Entscheidungsstrukturen kann über die Kommunikationswege die zeitnahe und sachgerechte Umsetzung vorangebracht werden. Die Rückmeldung der ausführenden Stellen muss hierbei ebenso bedacht werden, wie die Information der nicht beteiligten Verwaltungsbereiche und der Bevölkerung.