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Der Gesetzgeber stellt eine ganze Menge Voraussetzungen auf, eine Waffe zu besitzen. Grundsätzlich werden zwei Bereichen unterschieden:
(1) der Waffenbesitz
(2) die Berechtigung, eine Waffe auch außerhalb der eigenen vier Wände mit sich zu führen.
Dabei definiert das Waffengesetz (WaffG) “Führen” als Ausüben der tatsächlichen Gewalt über Waffen außerhalb des umfriedeten Besitzes. Zum Führen müssen Jäger einen Jagdschein machen, andere Personen benötigen einen Waffenschein.
Personen die einen Waffenschein beantragen müssen besondere Vorraussetzungen erfüllen, wie die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung nach §§ 5 und 6 WaffG in Verbindung mit §4 AwaffV.
Wenn begründete Zweifel daran bestehen kann die zuständige Behörde die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens anordnen.
Führen ist genehmigungsfrei, wenn die Waffe ungeladen, nicht zugriffsbereit und der Transport dem “bedürfnisumfassten Zweck” dient.
Gesetzliche Grundlagen:
Durchführung des Bundesjagdgesetzes (BJG), Waffengesetzes (WaffG) und der allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AwaffV) in den jeweils gültigen Fassungen.
Eine Erlaubnis zum Führen einer Waffe kann versagt werden, wenn der Antragsteller nicht die persönliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung besitzt (§4,1 WaffG).
Die persönliche Eignung (§ 6 WaffG, § 2 AWaffV) besitzen Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
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geschäftsunfähig oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist/ sind,
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abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind oder
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auf Grund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Selbst- oder Fremdgefährdung besteht.
Erstellung des Gutachten?
In den zuständigen Gesetzen (WaffG, AWaffV) ist die Möglichkeit eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens geboten, doch wird bei beteiligten Personen, die bereits Auffälligkeiten in der Vorgeschichte zeigten in der Regel gerne eine amtsärztliche Expertise bevorzugt.
In den unter persönliche Eignung (§ 6 WaffG, § 2 AWaffV) genannten Fällen teilt die für die Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen zuständige Behörde (z.B. Waffenbehörde im Ordnungsamt) dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel oder der die Bedenken begründenden Tatsachen hinsichtlich seiner persönlichen Eignung mit, dass er sich innerhalb einer bestimmten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und ein Gutachten beizubringen hat.
Zur Durchführung der Untersuchung versendet die zuständige Behörde auf Verlangen der begutachtenden Person und bei Vorliegen der Einwilligung des Betroffenen die der Behörde zur Begutachtung erforderlichen vorliegenden Unterlagen. Die begutachtende Person ist verpflichtet, sich mit der Erstattung des Gutachtens von den Unterlagen zu entlasten, indem er sie der zuständigen Behörde übergibt oder vernichtet.
Nach Abschnitt 2 § 4 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung hat sich die begutachtende Person über den Betroffenen einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Ein Gutachten nach Aktenlage ist nicht ausreichend! Das Gutachten muss darüber Auskunft geben, ob die betroffene Person persönlich ungeeignet ist, mit Waffen und Munition umzugehen.
Im Gutachten müssen die bei der Erstellung angewandten Methoden angegeben werden, z.B. welche Testverfahren angewendet wurden, um den geistigen Zustand zu ermitteln oder aufgrund welcher Tatsachen die mangelnde körperliche Eignung eine konkrete Gefahr einer Eigen-oder Fremdgefährdung nach sich zöge. Kann aufgrund der durchgeführten Tests alleine nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene geistig nicht geeignet ist, ist mit einer weitergehenden Untersuchung nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft vorzugehen, bspw. durch eine augenärztliche oder neurologische Zusatzuntersuchung.
Im Zusammenhang der gutacherlichen Beurteilung sind auch Probenahmen zum Nachweis von Alkohol- oder Drogen/ Medikamentenabbau-Produkten oder anderer Parameter aus Vollblut, Serum, Urin oder Haaren (wie beispielsweise CDT- Wert, Ethylglucuronid, Opiatabkömmlinge, Blutzucker) möglich.
Besondere Fragestellungen
In Fragen nach einer bestehenden Suchterkrankung ist in diesem Zusammenhang die Forderung des Nachweises einer Abstinenzfähigkeit möglich. Dazu kann die beteiligte Person, die neu oder auch weiterhin eine Waffe führen und benutzen möchte, zu einem Abstinenznachweises aufgefordert werden. Abstinenznachweise können über einen definierten Zeitraum, z.B. über ca. 2 zurückliegende Wochen durch kohlenhydratdefizientes Transferrin- Werte im Blut (Carbohydrate-Deficient Transferrin, CDT) oder über 3 zurückliegende Monate durch Ethylglucuronid im Haar den Nachweis erbringen, dass die beteiligte Person abstinenzfähig ist. Die Testverfahren können somit ein wichtiges Suchtkriterium, d.h. Alkohol zu trinken, obwohl die negativen Folgen des Konsums bekannt sind, ausräumen.
Die Frage nach persönlicher Eignung taucht auch bei Betroffenen mit schweren Depressionen und fraglicher Suizidalität auf. Sie stellt sich auch bei Menschen, die an unheilbaren Krankheiten leiden und depressiv sind und/oder Todeswünsche äußern. Auch bei Menschen mit einer ausgeprägten Störung der Impulskontrolle kann eine Eignung zum Führen von Waffen ausgeschlossen sein. Das Gleiche gilt für Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, Psychosen und manischen Erkrankungen, die mit situativen Verkennungen und anderen Symptomen einhergehen und somit zu einem unsachgemäßen Umgang mit Waffen und einer Eigen- oder Fremdgefährdung führen können.
Relevant sind hier die “in der Person liegenden Umstände” aus §6 WaffG. Hierfür ist tatsächlich die individuelle Exploration notwendig und eben nicht alleine das Aktenstudium ausreichend.
Zur „geistigen Eignung“ und zur „Fallgruppe Suchtmittelmissbrauch“ sei hier insbesondere auch auf die Kommentierung von Lehmann/ v.Grotuss, Aktuelles Waffenrecht verwiesen ( Breckwoldt, von Grotthuss, & Soens, 2019).
Körperliche Störungen/Krankheiten/Beeinträchtigungen können dem Führen einer Waffe entgegenstehen. Hierzu können u.a. neurologische Beeinträchtigungen (z.B. Tremor, Anfallsleiden), Herzrhythmusstörungen oder schwere Stoffwechselentgleisungen gezählt werden.
Jagdwaffen & Schießsport
Zum Führen von Waffen in der Jagd und im Schießsport ergeben sich aus weiteren Gesetzen und Verordnungen besondere Regeln.
Nach §§15,1 und 17,2 des Bundesjagdgesetz (BJagdG) erstreckt sich die Jagdausübung auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild.
Die zur Jagdausübung erforderliche Eignung fehlt, wenn körperliche oder geistige Mängel vorhanden sind. Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen, ist der Jagdschein zu versagen.
Da das Merkmal “körperliche Eignung” ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff ist, der einer Behörde keinen Beurteilungsspielraum lässt, muss sie den Bewerber als “geeignet” oder “ungeeignet” befinden.
Dabei ist nicht die Art des Mangels oder der Mängel entscheidend. Hier kommen vor allem in Betracht “physische oder psycho-physisch bedingte Fälle des Versagens oder Fehlleistungen der Denkfähigkeit, der Sinnesorgane oder erworbene Krüppelhaftigkeit, Alter, Krankheit, Nervosität”. Daraus folgt das Ergebnis einer irgendwie gefährlichen Jagduntauglichkeit, insbesondere Treffunsicherheit, mag diese auch nur bedingt oder teilweise sein. Das belegen auch Bestimmungen, die Körperbehinderten die Ausübung der Jagd ermöglichen ( Lorz, Metz, & Stöckel, 2011).
Eine körperliche Behinderung mit Rollstuhlpflicht steht der Fähigkeit zum Führen einer Jagdwaffe nicht per se entgegen, denn:
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Das Grundgesetz (GG) Artikel 3 besagt, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.
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Die Jägerprüfungsverordnung (JägerprüfungsVO), §6 besagt, dass der Prüfungsausschuss Schwerbehinderten die Verwendung von Hilfsmitteln gestatten kann, wenn dadurch die Sicherheit der Waffenführung nicht beeinträchtigt wird und diese Hilfsmittel auch im praktischen Jagdbetrieb angewendet werden können.
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In der Jagd und im Schießsport werden Querschnittsgelähmte grundsätzlich als „schießtauglich“ angesehen, sofern im Rahmen eines Sachverständigengutachtens bestätigt werden kann, dass der/die Betroffene in der Lage ist, vom Rollstuhl aus oder aus anderen geeigneten Sitzgelegenheiten mit Kugel oder Schrot schießen zu können, ohne sich oder andere zu gefährden. Das heißt z.B., dass die Muskulatur der Arme und des Schultergürtels so ausgebildet sind, dass er/ sie den Rumpf vollständig aufrichten und stabil sitzen kann.
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Die Jagdbehörde kann rollstuhlpflichtigen Menschen einen Jagdschein unter der Auflage erteilen, dass die Jagd nur in Begleitung eines anderen Jagdscheininhabers ausgeübt werden darf, um auf diese Weise die behinderungsbedingten Defizite auszugleichen (Verwaltungsgericht Freiburg vom 10.08.1995 5K 17 78/92). Ein solches Defizit wäre beispielsweise die Unfähigkeit, ein angeschossenes geflüchtetes Wild aufzuspüren und waidgerecht zu töten.
Bei Vorhandensein einer Schwerbehinderung mit bestimmten Merkzeichen wie “H” (H-Hilflosigkeit) und/oder “B” (B-Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson) sollte immer im Rahmen der Einzelfallprüfung seitens der begutachtenden Person bedacht und diskutiert werden, ob hier eine Tauglichkeit zum Führen einer Waffe tatsächlich noch gegeben ist. Hier wäre zu eruieren, welche Art der Hilflosigkeit (“H”) vorliegt oder warum das Merkzeichen “B” zuerkannt wurde.
Ein medikamentös gut eingestellter Diabetes mellitus ist in der Regel kein Grund zur Versagung des Jagdscheins.
Mangelnde Zuverlässigkeit oder Eignung hingegen ist ein Werturteil, das immer eine Gesamtbeurteilung der Persönlichkeit voraussetzt. Sie muss nicht mit einer früheren Ausübung der Jagd zusammenhängen (siehe BadVGH JW 1935, 2168: Rauschgiftschmuggel), sondern kann auf einer bestimmten Persönlichkeitsprägung beruhen, die eine strafbare Verletzung von Menschen durch Jagdwaffen befürchten lässt (siehe BayVHG, Beschluss vom 21.12.1995BayVBI. 1996,310,311).
Wird an Fehlverhalten angeknüpft, müssen auch Umstände einer Neuorientierung oder Bewährung Berücksichtigung finden.
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