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► Inhaltsverzeichnis Kapitel (ausklappbar)
  1. Duldungspflicht
  2. Mitwirkungspflichten bei Beamten
  3. Allgemeine Mitwirkungspflichten im Bereich des SGB ( §§ 60 – 62 SGB I )
  4. Spezielle Mitwirkungspflichten im Bereich des SGB - (§§ 62 – 64 SGB I)

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sichert Menschen ihre individuellen Freiheitsrechte. Danach hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. (Art 2(2), GG). Allerdings regeln die im folgenden aufgeführten Rechtsnormen, wann diese im Grundgesetz geregelte Freiheit im Sinne einer Mitwirkungspflicht eingeschränkt ist.

Duldungspflicht

Nach Strafprozessordnung §§ 81 ff sind Maßnahmen gegen den erklärten Willen einer betroffenen Person im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens möglich, beispielsweise zur:

● Entnahme von Blutproben und sonstigen Körperzellen, körperliche Untersuchung des Beschuldigten, wenn kein Nachteil für ihre/seine Gesundheit zu befürchten ist (§ 81 a StPO)

● Entnahme von Blutproben, Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung, körperliche Untersuchung anderer Personen, wenn kein Nachteil für ihre/seine Gesundheit zu befürchten und die Maßnahme unerlässlich zur Wahrheitsfindung ist (§ 81 c StPO)

● Molekulargenetische Untersuchung der/s Beschuldigten (§ 81 e StPO)

● DNA-Identitätsfeststellung der/s Beschuldigten (§ 81 g StPO)

Mitwirkungspflichten bei Beamten

Beamtinnen und Beamte unterliegen besonderen Dienstpflichten gegenüber ihrem Dienstherrn. Verweigern sie die Mitwirkung, bedeutet dies für die/den Beamten/in einen Verstoß gegen beamtenrechtliche Verpflichtung und kann mit Konsequenzen geahndet werden.

Bei Beamtenbewerbern kann die/der Betroffene jederzeit die Mitwirkung verweigern, allerdings kann dann beispielsweise bei ungeklärter gesundheitliche Eignung der (künftige) Dienstherr die erforderliche Überzeugung für die Eignung nicht gewinnen. Der Bewerber hat dann die Konsequenzen zu tragen.

Der Amtsermittlungsgrundsatz (Untersuchungsgrundsatz) und die Mitwirkungspflicht/ Dienstpflicht der/s Beamten/in stehen generell in einem Spannungsverhältnis.

Nur mit Hilfe der Mitwirkungspflicht/Dienstpflicht ist es dem Dienstherrn möglich, den im jeweiligen Einzelfall entscheidungserheblichen Sachverhalt festzustellen.

Beispielsweise haben Beamtinnen und Beamte die Verpflichtung, sich einer vom Dienstherrn für erforderlich gehaltenen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, z.B. zur Vorbereitung einer Entscheidung über eine vorzeitige Pensionierung aus gesundheitlichen Gründen. In diesem Fall gilt die Duldungspflicht von Untersuchungen durch beispielsweise eine/n Ärztin/Arzt oder Psychologen/in. Der Dienstherr triff die Auswahl der begutachteten Person, soweit er nicht rechtlich gebunden ist. Allerdings ist es notwendig, dass die Untersuchung erforderlich sein muss.

Wenn ein Gutachten als Vorbereitung der Entscheidung über die Eignung als Beamter/in gilt, hat die begutachtende Person ein Fragerecht, beispielsweise nach manifesten Erkrankungen mit prognostischer Relevanz. Dazu gehören weiter Fragen zu aktuellen Beschwerden, früheren Erkrankungen, Arzneimitteleinnahmen, Krankenhausaufenthalte, Kuren, Drogenkonsum, Rauchen, Alkoholkonsum sowie zu sportlichen Aktivitäten oder Familienanamnese.

Generell sind alle Gesundheitsfragen zulässig, die für die Personalentscheidung bedeutsam sind.

Die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung bei einem Beamtenverhältnis auf Probe wie bei der „Umwandlung“ in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sind „deckungsgleich“. Es gibt keine ändernde Beurteilung bei Beurteilung der Eignung für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, es sei denn, dass zwischenzeitlich, d.h. seit der Beurteilung für die gesundheitliche Eignung als Beamter auf Probe, neue Fakten vorliegen.

Entsprechendes gilt für das im Vorbereitungsdienst (Beamter auf Widerruf). Hier ist aber im Bereich der „Monopol-Ausbildungsverhältnisse“ zu beachten, dass die

Mitwirkungspflicht für erforderliche Untersuchungen gilt bei

- Untersuchungen auf manifeste Erkrankungen mit prognostischer Relevanz

- Laboruntersuchungen, EKG – möglich, Röntgenuntersuchungen bei Indikation

Allgemeine Untersuchungen, die notwendig sind, sind grundsätzlich zulässig

- für die Ermittlung des aktuell Gesundheitszustandes

- für die Erstellung einer die bevorstehende Entscheidung tragenden Prognose.

Eine Grenze ist dann gegeben, wenn die Intimsphäre oder die körperliche Integrität

nachhaltig betroffen ist. (vgl. VG Darmstadt 24.06.04 1 E 470/04)

Im Rahmen der Mitwirkung besteht grundsätzlich die Verpflichtung der/s Beamten/in behandelnde Ärzteinnen oder Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. So z.B. zu früheren Behandlungen soweit im Einzelfall diese Informationen zur Feststellung erforderlich sind. Im Einzelfall ist die Erforderlichkeit besonders zu begründen.

Allgemeine Mitwirkungspflichten im Bereich des SGB ( §§ 60 – 62 SGB I )

Allgemein gilt, dass alle Tatsachen anzugeben sind, die für die Leistung des Sozialversicherungsträgers erheblich sind ( § 60 SGB I ). Zu den sogenannten rechtserheblichen Tatsachen gilt auch die Zustimmung zu Auskünften Dritter, z.B. Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, rechtserhebliche Änderungen in den Verhältnissen, z.B. veränderte Einkommensverhältnisse, anderer Wohnsitz, Vorlage von Beweismitteln.

Auf Verlangen des Sozialversicherungsträgers haben Antragstellende zur mündlichen Erörterung persönlich zu erscheinen ( § 61 SGB I ), wenn z.B. die antragstellende Person „schreibunfähig“ ist. In einem solchen Fall sind zwangsweise Vorführungen allerdings nicht angemessen, auch besteht keine Duldungspflicht von Hausbesuchen. Dagegen habe Antragstellende in Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit Duldungspflicht von Hausbesuchen, da sie sich den erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen müssen (§ 62 SGB I).

Spezielle Mitwirkungspflichten im Bereich des SGB - (§§ 62 – 64 SGB I)

Antragstellende haben die Verpflichtung, sich einer vom Sozialversicherungsträger für erforderlich gehaltenen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen (§ 62 SGB I) und müssen Untersuchungen durch Arzt/Ärztin oder Psychologen/in dulden (Duldungspflicht im weiteren Sinn).

Dabei kann der Sozialversicherungsträger die Leistungsträger auswählen. Adressaten sind die antragstellenden Personen und andere Person, von deren Zustand die Leistung abhängt. Die Duldung umfasst auch aktives Verhalten, z.B. bestimmte Ernährung. Die angeordneten Untersuchungen müssen allerdings erforderlich sein.

Generell gilt im Bereich des SGB, dass Versicherte jederzeit die Mitwirkung verweigern können. Allerdings ist die Rechtsfolge dann, dass die/der Versicherte die Konsequenz zu tragen haben, und dass er die betreffende Leistung nicht erhält bzw. behält.

Antragstellende haben auch die Verpflichtung, sich einer vom Sozialversicherungsträger für erforderlich gehaltenen Heilbehandlung zu unterziehen (§ 63 SGB I), wenn das Ziel ist die Besserung des Gesundheitszustandes oder Verhinderung der Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Die Behandlungen können ambulante ärztliche Behandlung, stationäre Reha-Maßnahme, operativen Eingriff oder psychologische Maßnahmen sein.

Die Grenze der Mitwirkungspflicht liegt hier bei der notwendigen Zumutbarkeit, Wahrung der Persönlichkeit, bzw. der Verletzung körperlicher Integrität (§ 65 SGB I). Die in § 65 SGB I aufgeführten Grenzen der Zumutbarkeit sind eine besondere Ausgestaltung des allgemeinen Grundsatzes der „Verhältnismäßigkeit“. Sie setzen eine rechtlich wirksame, d.h. die gebotene umfassende, Aufklärung der/des zu Behandelnden voraus. Erst eine insoweit vollständige Aufklärung schafft die rechtliche Voraussetzung, dass die zu behandelnden Person in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechtes eine wirksame Einwilligung erklärt. Die Grenze der Zumutbarkeit bezieht sich auf die Mitwirkung bei Untersuchungen und auf die Mitwirkung bei Behandlungen.