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Ein ärztliches Gutachten liegt vor, wenn ein/e Ärztin/Arzt aufgrund der medizinischen Fachkompetenz aus Zuständen oder Tatsachen, die sie/er selbst oder eine andere Person wahrgenommen hat, mithilfe der eigenen Fachkunde im Hinblick auf eine ganz bestimmte Fragestellung Schlußfolgerungen zieht.
Daher sind auch ärztliche Atteste, Bescheinigungen und Stellungnahmen als gutachtliche Äußerungen zu verstehen.
Für ärztliche Gutachter/innen regelt unter anderem §25 der ärztlichen Berufsordnung den Umgang mit ärztlichen Gutachten und Zeugnissen:
Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse haben Ärztinnen und Ärzte mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung Ärztinnen und Ärzte verpflichtet sind oder die auszustellen sie übernommen haben, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben. Zeugnisse über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung müssen grundsätzlich innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung, bei Ausscheiden unverzüglich, ausgestellt werden. (§25 Ärztliche Gutachten und Zeugnisse, (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte vom 14.12.2018)
Vor Abfassung des Gutachtens
Bevor die Bearbeitung eines Gutachtens durch den/die beauftragte/n Gutachter/in oder die Einrichtung begonnen wird, ist es notwendig, systematisch zu prüfen, ob der Auftrag angenommen werden darf, kann und sollte. Diese Prüfung sollte zeitnah erfolgen, um ggf. der auftraggebenden Stelle entsprechend eine Rückmeldung geben zu können.
1. Prüfung der örtlichen Zuständigkeit
Frage: “Sind wir die zuständige Behörde?”
Die örtliche Zuständigkeit sollte gegeben sein.
2. Prüfung der Rechtsgrundlagen
Frage: “Was ist die rechtliche Grundlage für das Gutachten?”
Es ist darauf zu achten, dass immer eine eindeutig rechtliche Grundlage vorhanden ist, auf der die Erstellung des Gutachtens erfolgt. Der Gutachtenauftrag muss immer auf ein Gesetz oder auf eine auf einem Gesetz beruhende Rechtsverordnung als Rechtsgrundlage zurückgeführt werden können. Konkretisiert wird er dann z.B. durch richterliche Beschlüsse oder Verwaltungsverfügungen.
Die Rechtsgrundlage sollte von der beauftragenden Person oder Einrichtung angegeben werden. Wenn aus der Auftragserteilung nicht deutlich hervorgeht, auf welcher rechtlichen Grundlage diese erfolgt, sollte diese von dem/der Gutachter/in oder Einrichtung mit dem/der Auftraggeber/in geklärt werden.
3. Prüfung der Fragestellung
Frage: “Bin ich für die Beantwortung der Fragestellung geeignet und kann die Frage beantwortet werden?”
Im allgemeinen wird erwartet, dass die Kenntnis aus dem entsprechenden ärztlichen Fachgebiet des/der Gutachter/in diese in die Lage versetzen, die Fragestellung(en) des Gutachtenauftrages zu beantworten. Jedoch sollte immer geprüft werden, ob die Fragestellung(en) verständlich und zulässig sind, um geeignet beantwortet werden zu können.
Darüber hinaus sollten gutachterlich tätige Ärzte/innen prüfen, ob sie zur Erstattung des Gutachtens ausreichend sachkundig sind, bzw. die gesetzlich vorgeschriebenen Qualifikationen erfüllt sind. Ebenso ist zu klären, ob der Auftrag ohne Hinzuziehung Dritter (weitere Sachverständige) erledigt werden kann. Wenn der/die Gutachter/in nicht dazu in der Lage ist, bzw. wenn die Fragestellung dem/der Gutachter/in aus Wissenschaft und Praxis nicht geläufig ist, sollte dies der beauftragenden Stelle umgehend mitgeteilt und ggf. der Gutachtenauftrag abgelehnt werden.
Der/die Gutachter/in ist grundsätzlich verpflichtet, das Gutachten persönlich zu erstatten und darf dieses nicht einem anderen übertragen. Ausnahmen können beispielsweise eine psychologische Testung oder apparative Zusatzuntersuchungen sein. In diesem Fall sind die weiteren ärztlich tätigen Personen bzw. Mitarbeiter/innen und deren Verantwortungsbereiche im Gutachten zu benennen.
4. Prüfung des Zeitrahmens
Frage: “Kann ich das Gutachten bis zu dem erwarteten Termin erstellen?”
Der/die Gutachter/in sollte prüfen, ob er/sie in der Lage ist, das Gutachten innerhalb der festgelegten Frist zu erstatten. Ist dies nicht der Fall, sollte er/sie unverzüglich Kontakt mit dem Auftraggeber aufnehmen. Falls keine Frist gesetzt wurde, sollte der/die Gutachter/in den Auftraggeber informieren, wenn mit erheblichen Verzögerungen zu rechnen ist.
Darüber hinaus sollte der/die Gutachter/in individuell einschätzen bzw. prüfen, ob:
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die Eingangsqualität des Auftrags ausreicht oder ggf. weitere Unterlagen durch den/die Gutachter/in angefordert werden müssen
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eine ärztliche Untersuchung notwendig ist oder ein Gutachten nach Aktenlage erstellt werden kann
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ein Dolmetscher zur Untersuchung beizuziehen ist
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der erforderliche Zeitbedarf für die Erstellung des Gutachtens in der persönlichen Terminplanung des/der Gutachter/in berücksichtigt werden kann
Für die Bearbeitung eines Gutachtenauftrages sind folgende Angaben des Auftraggebers hilfreich:
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Kontaktdaten/Personalien der zu begutachtenden Person, inkl. Name, Vorname, Geburtsdatum und Anschrift
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ggf. Telefonnummer, unter der der/die Proband/in erreichbar ist (insbesondere für etwaige Terminverschiebungen; die Terminvergabe selbst erfolgt schriftlich).
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Hinweis auf evtl. Abwesenheiten des/der Probanden/in, z.B. Urlaub, Dienstverpflichtungen oder stationärer Behandlung. Dies ist insbesondere hilfreich, um mehrfache Terminvergaben zu vermeiden.
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um fachliche Zuordnung zu ermöglichen, ist die Fachrichtung der/des Ärztin/Arztes hilfreich, die/der die vorliegenden Unterlagen, z.B. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ausgestellt hat (z. B. Psychiater/in oder Orthopäde/in)
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Angaben über krankheitsbedingte Fehlzeiten in Arbeitstagen oder Kalendertagen
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Angaben über Auffälligkeiten im Dienst, z. B. aufbrausendes, aggressives Verhalten
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Hinweise auf Sucht oder Abhängigkeiten z. B. Führerscheinverlust, festgestellter Alkoholgeruch
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Hinweise über Veränderung der qualitativen und quantitativen Arbeitsergebnisse
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Hinweise auf Mobbing/Bossing oder Konflikte am Arbeitsplatz
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Besondere Belastungen, z. B. Gehaltspfändung (Schulden, Spielsucht, Pflege …)