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► Inhaltsverzeichnis Kapitel (ausklappbar)
  1. Ärztliche Schweigepflicht
    1. Rechtliche Regelungen
    2. Grenzen der Schweigepflicht
      1. Offenbarungsbefugnis
      2. Schutz höherwertiger Rechtsgüter
      3. Rechtfertigender Notstand
  2. Datenschutz
    1. Datenlöschung bzw. Aktenvernichtung
  3. Aufbewahrungspflicht
    1. Ärztliche Dokumentation
  4. Akteneinsichtsrecht
  5. Anwesenheit „Dritter“ bei der Begutachtung
    1. Zulassen von Vertrauenspersonen zur Begutachtung
    2. Zulassen von Vertrauenspersonen zur Begutachtung von Minderjährigen
    3. Zulassen von dolmetschenden Fachkräften (zur Herstellung der Verständigung zwischen Gutachtern/innen und Probanden/innen)

Ärztliche Schweigepflicht

Da die ärztliche Schweigepflicht auch im gutachterlichen Verfahren berücksichtigt werden muss, werden im Folgenden die grundlegenden Aspekte und Rechtsnormen aufgeführt. Ausführliche Beschreibungen zur ärztliche Schweigepflicht finden sich bei den Ärztekammern.

Prinzipiell bedeutet die ärztliche Schweigepflicht, dass sich alle Personen, die ärztlich behandelt werden, darauf verlassen können, dass alles, was der/dem Ärztin/Arzt anvertraut wird, nicht an Dritte weitergegeben wird. Auch das Personal im Umfeld der Ärztin oder des Arztes, z.B. Arzthelfer/in, Krankenpfleger/in, Sozialarbeiter/in, Verwaltungsangestellte etc., unterliegt der Schweigepflicht.

Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch, wenn Ärztinnen oder Ärzte die Betroffenen aufgrund ihrer Tätigkeit im Gesundheitsamt aufsuchen mussten, sie kann allerdings auch eingeschränkt sein/werden.

Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht können für die/den Ärztin/Arzt straf-, berufs- (durch die Ärztekammer) und zivilrechtliche Folgen (Schadensersatzansprüche durch den Patienten) haben.

Rechtliche Regelungen

Die ärztliche Schweigepflicht ist in § 9 Abs. 1 MBO-Ä, bzw. den entsprechenden Bestimmungen der Berufsordnungen der Landesärztekammern, geregelt. Danach haben Ärztinnen und Ärzte über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als ärztlich tätige Person anvertraut oder bekannt geworden ist, auch nach dem Tod des Patienten zu schweigen. (Bundesärztekammer, n.d.)

Gleichzeitig fallen ärztlich Tätige als sogenannte Berufsgeheimnisträger auch unter die strafbewehrte Schweigepflicht (§ 203 StGB), mit der die Verletzung von Privatgeheimnissen geregelt wird.

Grenzen der Schweigepflicht

Allerdings sind Ausnahmen von der ärztlichen Schweigepflicht gegeben, wenn dies in gesetzlichen Vorschriften geregelt ist. Dann besteht zum Teil das Recht, bzw. eine Pflicht des Arztes zur Offenbarung.

Offenbarungsbefugnis

Dabei kann eine

  1. Offenbarungsbefugnis durch Einverständnis des Patienten, d.h. der Person, auf die sich die geheimzuhaltende Tatsache bezieht, an die/den Arzt/Ärztin erteilt werden.

  2. Offenbarungsbefugnis durch mutmaßliches Einverständnis angenommen werden, z.B. Übermittlung von Information an nächste Angehörige bei bewusstlosen Notfallpatienten oder Informationsaustausch unter ärztlich Tätigen bei Behandlungen in Gemeinschaftspraxis

  3. Offenbarungsbefugnis durch gesetzliche Erlaubnis erteilt werden, z.B. Meldeerlaubnis für Krebsregister (landesrechtl. Vorschriften) oder

  4. Offenbarungsbefugnis zur Wahrung eigener Interessen z.B. gerichtliches Verfahren, in dem der Arzt seinen Honoraranspruch geltend macht.

Schutz höherwertiger Rechtsgüter

Darüber hinaus gilt immer der Schutz höherwertiger Rechtsgüter, d.h. Offenbarung ist befugt, wenn sie zum Schutz eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist. Geheimnisträger sind dazu (grundsätzlich) berechtigt, aber nicht verpflichtet.

Offenbarung ohne Zustimmung des/der Patienten/in bzw. Probanden/in wäre befugt, wenn ein/e Patient/in bzw. Proband/in trotz Belehrung über den Gesundheitszustand und die von ihm ausgehende Gefahr und trotz Ermahnung uneinsichtig ist. Beispielsweise könnte dann eine Mitteilung an die zuständige Behörde erfolgen, wenn ein/e Patient/in trotz chronischem Alkoholabusus oder trotz epileptischer Anfälle als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnehmen will. Ein Ehe- oder Sexualpartner könnte unter Umständen über eine HIV-Infektion oder AIDS-Erkrankung aufgeklärt werden.

Rechtfertigender Notstand

Wenn ärztlich Tätige bewusst gegen die Interessen von Patienten handeln um höherwertige Interessen zu schützen und sich dabei auf rechtfertigenden Notstand (§34 StGB) beziehen, ist diese Offenbarungsbefugnis prospektiv schwer zu beurteilen. Das heißt, wenn ein höherwertiges Interesse den Bruch der Schweigepflicht rechtfertigt, kann nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls retrospektiv über den rechtfertigenden Notstand entschieden werden. Das heißt: im konkreten Fall kann sich die/der Ärztin/Arzt auf den rechtfertigenden Notstand beziehen. Allerdings ergibt sich erst bei der retrospektiv Betrachtung der Situation eine Beurteilung dieser.

Ein Spezialfall der Offenbarungsbefugnis ist die Frage, ob und in welchem Umfang sich der Arzt im Falle der Misshandlung von Kindern offenbaren darf. Hier wird in der Regel nach dem Güterabwägungsprinzip vorgegangen: Wenn sich bei der Untersuchung des Kindes der Verdacht einer Misshandlung ergibt, darf der Arzt im Interesse des Kindes seine Schweigepflicht durchbrechen und die Misshandlung der Polizei oder dem Jugendamt offenbaren. Aufgrund der Garantenpflicht gegenüber dem Kind ist die/der Ärztin/Arzt bei ausreichend konkreten Hinweisen, die den Verdacht einer Misshandlung des Kindes rechtfertigen, sogar verpflichtet die Polizei oder das Jugendamt zu informieren, um mögliche künftige Misshandlungen zu verhindern.

Generell gilt, das Interesse an der Abwehr drohender Gefahren für Leib, Leben oder Gesundheit sind gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Patienten regelmäßig als höherwertig anzusehen .

Tatsächlich besteht eine sogenannte Offenbarungspflicht (gesetzliche Pflicht), z.B. als

  • Meldepflicht in Bezug auf geplante, noch nicht begangene, schwere Verbrechen (§§ 138, 139 StGB ),

  • Anzeigepflicht nach dem Personenstandsgesetz (Geburt) oder

  • Anzeigepflicht nach dem Feuerbestattungsgesetz (Angabe der Todesursache).

Datenschutz

Der Datenschutz wird in Deutschland in erster Linie als Ziel zur Sicherstellung des sogenannten Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung verstanden und soll grundsätzlich dazu beitragen, dass jede Person selbst über die Preisgabe und Verwendung der eigenen personenbezogenen Daten bestimmen kann. Dieses ist nicht explizit im Grundgesetz geregelt, wird aber aus Art 1 Abs 1 (

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

und Art 2 Abs 1

„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“

des Grundgesetzes abgeleitet. Dabei stehen Wert und Würde der Personen, die in freier Selbstbestimmung als Glied einer freien Gesellschaft wirken, im Mittelpunkt.

Daraus ergibt sich für die praktische Arbeit, z.B. in kommunalen Gesundheitsämtern, eine besondere Verantwortung für die Verarbeitung personenbezogener Daten von Personen, die z.B. vom Gesundheitsamt untersucht oder von dessen Maßnahmen betroffen werden, oder von Personen, für die Maßnahmen, z.B. aufgrund eines sogenannten Psychiatriekrankengesetzes getroffen werden.

Von diesen Personen dürfen personenbezogene Daten nur erhoben und gespeichert werden, soweit dies zur jeweiligen Aufgabenerfüllung erforderlich ist, eine Rechtsvorschrift dies erlaubt, bzw. wenn die beteiligte Person eingewilligt hat (Rechtmäßigkeitsprinzip). Für die Bearbeitung von personenbezogenen Daten bedarf es dabei grundsätzlich der Einwilligung in Schriftform.

Personenbezogene Daten dürfen dabei nur übermittelt werden, auch innerhalb einer Einrichtung oder öffentlichen Stelle

  • an eine andere Organisationseinheit

  • soweit dies zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht erforderlich ist

  • durch Rechtsvorschrift erlaubt ist

  • die Person im Einzelfall eingewilligt hat

  • zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben, körperliche Unversehrtheit oder persönliche Freiheit des Betroffenen oder eines Dritten

Der Datenschutz ist auf Grundprinzipien aufgebaut, zu den wichtigsten gehören

  1. die Verarbeitung von Daten für festgelegte und eindeutige Zwecke (Zweckbindung),

  2. die Beschränkung der Datenverarbeitung auf das notwendige Maß (Erforderlichkeit, Datenminimierung und Speicherbegrenzung) und

  3. die Transparenz.

Heute wird in Deutschland, und darüber hinaus, der

„Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten“

durch die europäische Datenschutzgrundverordnung (DGSVO) geregelt. Die DGSVO gilt seit 2018 allgemein und unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und ist gegenüber alle Regelungen in Deutschland vorrangig. Mit dieser neuen Rechtslage gehen aber keine gravierenden inhaltlichen Änderungen des bestehenden Datenschutz in Deutschland einher, die bisherige Grundsystematik und meisten Grundprinzipien bleiben erhalten.

Datenlöschung bzw. Aktenvernichtung

Prinzipiell sind Patientendaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Die Unzulässigkeit kann darauf beruhen, dass die Erhebung beim Betroffenen oder die Übermittlung von einem Dritten mit dem Datenschutzrecht nicht vereinbar war, z.B. wenn keine wirksame Einwilligungserklärung vorliegt.

Eine Löschung muss auch erfolgen, sobald die Kenntnis der Daten für die Erfüllung des Zweckes der Speicherung nicht mehr erforderlich ist. Die fehlende Erforderlichkeit der weiteren Datenspeicherung ergibt sich nicht schon durch die Beendigung einer Behandlung, bzw. Untersuchung.

Bei ärztlichen Unterlagen gilt, dass diese aus Dokumentationsgründen in jedem Fall 10 Jahre lang aufbewahrt werden müssen (§ 10 Abs. 3 MBO-Ä). Nach § 32 Abs. 2 Strahlenschutzverordnung und § 28 Abs. 4 Nr. 1 RöntgVO sind Aufzeichnungen über die Behandlung mit radioaktiven Stoffen sowie über Röntgenbehandlungen 30 Jahre (bei Untersuchung nur 10 Jahre) nach der letzten Behandlung aufzubewahren. Wegen eventuell erst später (erst nach 30 Jahren, vgl. § 197 BGB) verjährender zivilrechtlicher Ansprüche kann vom Arzt die Notwendigkeit einer Aufbewahrung medizinischer Unterlagen sogar für diesen langen Zeitraum geltend gemacht werden. Zweck der Aufbewahrung ist dann i.d.R. nur noch, die Art von Untersuchung und Behandlung nachzuweisen. Verzichtet der Patient wirksam (in schriftlicher Form) auf die Geltendmachung von vermögensrechtlichen Forderungen, so hat der Arzt i.d.R. keinen Grund mehr, über die 10 Jahre Dokumentationspflicht hinaus die medizinischen Unterlagen aufzubewahren.

Die Erforderlichkeit einer über 10 oder gar 30 Jahre hinausgehenden Speicherung von medizinischen Daten kann sich aus Behandlungsgründen ergeben. Dies kann bei Krankheiten der Fall sein, die über Jahrzehnte hinweg fortdauern, etwa bei Erbkrankheiten, vielen psychischen Störungen oder Transplantationen. Die Erforderlichkeit darf aber in diesen Fällen nicht pauschal angenommen werden; vielmehr bedarf es bei einer über 30 Jahre hinausgehenden Archivierung einer Begründung und Legitimation im Einzelfall.

Forschungsgründe für sich allein können eine personenbezogene Aufbewahrung von medizinischen Unterlagen grundsätzlich nicht rechtfertigen. Hier bedarf es entweder einer ausdrücklichen Einwilligung des Patienten oder einer Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung der Datensätze.

Aufbewahrungspflicht

Sind Daten sowohl elektronisch als auch konventionell analog gespeichert, so besteht eine Aufbewahrungsnotwendigkeit nur bzgl. des Mediums, mit dem der medizinischen Dokumentationspflicht genügt werden soll. Dies dürfte heute noch weitgehend die konventionelle (Papier-) Akte sein. Elektronische Speicherungen können und sollten früher gelöscht werden, zumal sich durch redundante Speicherungen die Missbrauchsrisiken erhöhen; dies gilt wegen der leichten Zugriffs- und Auswertungsmöglichkeiten insbesondere bei elektronischen Datenspeicherungen.

Erfolgt innerhalb des medizinischen Bereiches eine Speicherung nach verschiedenen Zwecken, so besteht u.U. eine frühere Löschpflicht. So unterliegen z.B. sämtliche Abrechnungsdaten nicht der medizinischen Dokumentationspflicht. Diese Daten werden nicht mehr benötigt, wenn sie für finanzrechtliche Zwecke (z.B. Abrechnung nach SGB V, Dokumentationspflichten nach Handelsgesetzbuch bzw. Steuerrecht) nicht mehr aufbewahrt werden müssen.

Löschen ist

“das Unkenntlichmachen gespeicherter personenbezogener Daten” (§ 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 5 BDSG, § 2 abs. 2 Nr. 5 LDSG SH).

Die Löschung kann dadurch erfolgen, dass der Datenträger mitsamt den darauf enthaltenen Daten zerstört wird, z.B. durch Schreddern von konventionellen Akten oder Festplatten. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Lesbarkeit auszuschließen, ohne den Datenträger zu vernichten, z.B. durch Schwärzen eines Schriftstücks oder durch Überschreiben einer Diskette.

Ärztliche Dokumentation

Die ärztliche Dokumentation erfüllt eine Vielzahl von Funktionen, wie bespielsweise Gedächtnisstütze des Arztes, Therapiesicherung, Rechenschaftslegung gegenüber dem Kostenträger, Beweissicherung oder Qualitätssicherung.

Die Berufsordnung der Ärztekammern und gesetzliche Vorschriften regeln den Umgang mit ärztlichen Aufzeichnungen. In der Regel sind ärztliche Aufzeichnungen für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht. Sie bedürfen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien besonderer Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, um Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern.

In Behörden werden Aufzeichnungen in der Regel in Akten aufbewahrt. Der Umgang mit Akten in Behörden wird nur zum Teil durch das Verwaltungsverfahrensgesetz und meistens in Verwaltungsvorschriften geregelt, die die Verwaltungsabläufe in Behörden regeln, z.B. in der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung – Allgemeiner Teil (GGO I). Das Grundprinzip ist dabei, dass Aktenführung dazu dient, alles Verwaltungshandeln nachvollziehbar zu dokumentieren. Das heißt, dass die Bearbeitung eines Vorganges, wie beispielsweise das Erstellen eines Gutachtens, durch die Verwaltung in der Akte so dokumentiert wird, dass ein mit der Sache nicht vertrauter Leser der Akte nachvollziehen kann, wie der Ablauf des Vorgangs war und warum es zu Verwaltungsentscheidungen gekommen ist.

Akteneinsichtsrecht

Abgeleitet von dem sogenannten „Recht auf informelle Selbstbestimmung“ haben Patienten und Probanden prinzipiell das Recht in ihre (Patienten)Akte einzusehen, und zwar die Originalakte.

Einsichtnahme in Patientenakten erfolgt in der Regel an dem Ort, an dem sich die einzusehenden Unterlagen oder Dokumente befinden.

Abschriften oder Kopien können von der Patientenakte in analoger oder digitaler Form angefertigt werden, allerdings können die Kosten den Einsicht nehmenden Personen auferlegt werden.

Behandelnde Ärztinnen und Ärzte können jedoch die Einsichtnahme ganz oder teilweise verweigern, wenn erhebliche therapeutische Gründe dagegensprechen. Unter Umständen sind sie sogar verpflichtet, die Einsichtnahme in die Patientenakte zu verweigern. Dahinter steht das Argument, dass Patienten vor schädlichen Informationen geschützt werden, die mit der Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen (Selbst-)Schädigung des Patienten verbunden wären.

Ein Einsichtsrecht ist auch zu verwehren, wenn und soweit die Aufzeichnungen personenbezogene Informationen dritter Personen enthalten, die ihrerseits schutzwürdig sind. Zu denken ist beispielsweise an minderjährige Patienten, die unter Einbeziehung ihrer Eltern behandelt werden. Dokumentationen über die Eltern, insbesondere über deren Persönlichkeit, müssen geschützt werden.

Wenn in der Patientenakte persönliche Eindrücke oder subjektive Wahrnehmungen der behandelnden Person enthalten sind, müssen auch diese prinzipiell einzusehen sein. Wenn jedoch im Einzelfall ein begründetes Interesse des/der Arztes/Ärztin besteht diese nicht zu offenbaren, können diese in den einzusehenden Akten unkenntlich gemacht werden.

Anwesenheit „Dritter“ bei der Begutachtung

Es ist gesetzlich nicht geregelt, ob und wer in einem Begutachtungsverfahren den/die Probanden/in begleiten darf, bzw. ob ein Anspruch auf die Anwesenheit “Dritter” besteht. Der Gesetzgeber hat sich diese Problems bislang nicht umfänglich angenommen, mit Ausnahme des Bereichs des Strafprozesses (§ 81d Abs. 1 Satz 3 StPO). Daher werden im folgenden verschiedene Rechtsprechungen dazu im Kontext der Erörterungen vorgestellt.

Eine weitere wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist, ob durch die Anwesenheit “Dritter” das Ergebnis der Begutachtung beeinflusst wird.

Zulassen von Vertrauenspersonen zur Begutachtung

Sowohl im sozialrechtlichen Verfahren (Amtsärztliche Begutachtung zur Frage der Dienstfähigkeit) ist aufgrund der weitreichenden Konsequenzen für Probanden von einem Anspruch auf eine Begleitung bei der Begutachtung durch eine Vertrauensperson auszugehen. Im beamtenrechtlichen Gutachtenprozess gibt es dazu unterschiedliche Gerichtsurteil.

Eine Ablehnung erfordert eine sachliche und nachvollziehbare Begründung durch den/die Gutachter/in.

Dabei ist im Vorfeld grundsätzlich sicherzustellen, dass eine Begleitung durch den/die Probanden/in selbst auch tatsächlich gewünscht ist.

Die Anwesenheit einer Vertrauensperson bei der körperlichen Untersuchung ist hingegen auch unter ethischen Aspekten im Einzelfall kritisch zu prüfen.

Beispielsweise sieht die Berufsordnung der Ärztekammer Schleswig-Holstein hierzu in § 7 Abs. 5 zunächst grundsätzlich vor, dass Angehörige von Patientinnen und Patienten und andere Personen bei der Untersuchung und Behandlung anwesend sein dürfen, wenn der verantwortliche Arzt und die Patientin oder der Patient zustimmen.

Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm, vom 3. Februar 2015 -II-14 UF 135/14, 14 UF 135/14 ist einem medizinisch oder psychologisch zu begutachtenden Beteiligten bei einem Untersuchungstermin bzw. Explorationsgespräch des Sachverständigen die Anwesenheit einer Begleitperson ohne Äußerungs-, bzw. Beteiliungsrechte zu gestatten.

Nach der Kommentierung zur Musterberufsordnung soll sich ein Anspruch auf Anwesenheit einer Vertrauensperson bei stark die Persönlichkeit oder den Intimbereich betreffenden Begutachtungen ergeben, wenn das Untersuchungsergebnis dadurch nicht - wie ggf. bei psychiatrischen Explorationen - verfälscht wird oder im Zivilprozess die Waffengleichheit der Prozessparteien gewahrt werden muss (so Scholz in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage, § 7 MBO, Rn. 19).

Im Falle psychiatrischer Gutachten können Einschränkungen bestehen, wenn die/der begutachtende psychiatrische Fachärztin/arzt tatsächlich keinen ungefilterten Eindruck von einer/m Patienten/in erlangen kann, solange eine Begleitperson ständig anwesend ist. Dies kann und sollte zur Ablehnung einer Begleitperson, zeitweise oder während der gesamten Begutachtungszeit, führen.

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil vom 16. Februar 2016 -1-9 U 117/15, 9 U 117/15-, juris zur Frage des Vorliegens einer Pyromanie des Beschuldigten entschieden, dass

„man der Begleitperson eine Beteiligung an dem Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerung nicht gestatten könne. Hierdurch wäre bei einer medizinischen oder psychologischen Untersuchung, anders als z.B. bei einem baurechtlichen Ortstermin, eine erhebliche Störung der Untersuchung und auch Beeinflussung ihres Ergebnisses zu befürchten. Die Rechte des zu Begutachtenden hingegen sind in diesem Punkt hinreichend gewahrt durch die Möglichkeit nachträglicher schriftlicher Stellungnahmen und/oder einer mündlichen Befragung des Sachverständigen im Gerichtstermin (a.a.O. Rn 24).”

Aus den genannten richterlichen Entscheidungen ist ersichtlich, dass in jedem Einzelfall zu entscheiden ist, ob eine Teilnahme einer Begleitperson an der Begutachtung versagt werden kann, bzw. sollte. Insbesondere sind dabei die Persönlichkeit des/der Probanden/in, der Gegenstand der Begutachtung sowie die Funktion der Begleitperson mit zu berücksichtigen.

Demnach kann es durchaus zulässig sein, die Anwesenheit einer Begleitperson abzulehnen.

Bei einer Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beamten wurde vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein Anwesenheitsrecht Dritter nicht besteht. Die/der Gutachter/in habe zu Recht die Anwesenheit einer nahestehenden Person abgelehnt, da eine psychiatrische Exploration nur im Rahmen eines kommunikativen Zweiergesprächs sinnvoll durchgeführt werden könne (vgl. OVG R-P 11.06.13 - Az. 2 A 11071 / 12). Die Auffassung, dass im Rahmen einer fachpsychiatrischen Untersuchung zur Klärung der Frage der gesundheitlichen Eignung eines Beamtenanwärters ein Anwesenheitsrecht dritter Personen nicht bestehe, ist vom OVG Lüneburg bestätigt worden (vgl. OVG Lüneburg 02.08.16 - Az. 5 ME 103/16).

Entgegengesetzt hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland- Pfalz entschieden, einen Anspruch der zu begutachtenden Person auf Anwesenheit eines Dritten grundsätzlich zu bejahen, soweit seine Anwesenheit nicht störend für den Untersuchungsablauf ist. Diese Entscheidung ging sogar soweit, die Qualifikation des Gutachters in Frage zu stellen, wenn er nicht in der Lage wäre bei Anwesenheit eines Dritten die Untersuchung durchzuführen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz 23.02.06 - L 4B 33/06).

Zulassen von Vertrauenspersonen zur Begutachtung von Minderjährigen

Eine Einschränkung für die Anwesenheit Dritter ist für den Bereich der Untersuchung von Minderjährigen anzunehmen.

Für den Bereich der Untersuchungen von Kindern in der Kita und von Schülern bestimmt beispielsweise § 25 Abs. 2 Gesundheitsdatenschutzgesetz NRW (GDSG NW), dass die Anwesenheit Dritter nur zulässig ist, soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung der Untersuchung erforderlich ist. Danach darf in diesem Bereich die Anwesenheit nicht nur nicht störend sein, sondern durch das Gebot der Erforderlichkeit dürfte ein förderndes Element durch die Anwesenheit Dritter gefordert sein. Dies dürfte in der besonderen Schutzwürdigkeit dieser zu untersuchenden Personengruppe begründet sein.

Dieser Grundgedanke dürfte über den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen hinaus auf andere Bundesländer übertragbar sein.

Zulassen von dolmetschenden Fachkräften (zur Herstellung der Verständigung zwischen Gutachtern/innen und Probanden/innen)

Zur Herstellung der Verständigung zwischen Proband/in und Gutachter/in werden besondere sprachliche und kulturelle Kompetenzen benötigt. Dolmetschende Fachkräfte, zum Teil als Sprachmittler bezeichnet, übersetzen in der Regel von einer Ausgangssprache in eine andere Sprache. Die Übersetzung kann mündlich, schriftlich oder in Gebärdensprache erfolgen. Im Gegensatz zur reinen Übersetzung berücksichtigen dolmetschende Fachkräfte zum Teil auch wesentlich Aspekte der Ausgangsprache („cultural broker“). Darüber hinaus können Sie auch Faktoren wie Gestik, Mimik, Intonation und die allgemeine Körpersprache übersetzen.

Im Begutachtungsverfahren, insbesondere in psychiatrischen Begutachtungen, ist es häufig wichtig, dass die dolmetschende Fachkraft wortwörtlich übersetzt.

Die Berufsbezeichnung Dolmetscher/in ist in Deutschland nicht geschützt. Der Beruf kann ausgeübt werden ohne eine vorangegangene Prüfung abgelegt zu haben. Missbräuchlichen Verwendungen wird durch bestimmte Abschlüsse oder Zulassungen vorgebeugt, z.B. „beeidigter Dolmetscher“, „gerichtlich zertifizierter Dolmetscher“.

Eine dolmetschende Fachkraft zur Untersuchung hinzuzuziehen ist jeweils eine Frage der Erforderlichkeit für die Verständigung zwischen ärztlich Gutachtern/innen und Probanden, die nur im Einzelfall beantwortet werden kann.

Insbesondere bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen kann dieses Erfordernis bestehen, wenn die Sprachkenntnisse des/der Gutachters/in und/oder des/der Probanden/in nicht für eine sachgerechte Verständigung ausreichen.

Eine Probanden begleitende sprachkundige Person kann zur Feststellung körperlicher Erkrankungen und Beschwerden im Einzelfall ausreichend sein.

Für die Frage des Vorliegens und die Ausprägung psychischer Erkrankungen dürfte die Untersuchung ohne qualifizierte/n Dolmetscher/in keine tragfähige Grundlage für eine Entscheidung sein. (vgl. VG Karlsruhe 29.05.15 - Az. 7 K 2513/15).

Das Fehlen eines/r Dolmetschers/in hat im Einzelfall dazu geführt, dass das Gutachten, das die Grundlage für die Abschiebung war, als nicht tragfähig für die Entscheidung anzusehen ist (vgl. VG Karlsruhe 29.05.15, Az. 7 K 2513/15).